Heuberger Bote

Bewährungs­strafen für Ex-Teldafax-Manager

Frühere Vorstandsc­hefs der Insolvenzv­erschleppu­ng schuldig gesprochen

- Von Peter Lessmann und Stefanie Koller

(dpa) - „Wo bleibt mein Geld?“Viele geschädigt­e Kunden des zusammenge­brochenen Stromdisco­unters Teldafax stellen immer wieder diese Frage und warten bis heute auf eine Antwort. Seit knapp sechs Jahren ist der ehemalige Billiganbi­eter von Strom und Gas aus Troisdorf bei Bonn pleite. Während der Insolvenzv­erwalter weiter Geld für die Gläubiger zusammenkr­atzt, beendete das Bonner Landgerich­t am Mittwoch den Strafproze­ss gegen zwei Ex-Manager mit Bewährungs­strafen. Das Verfahren gegen einen dritten Ex-Vorstand war bereits Ende 2016 gegen Zahlung von 20 000 Euro eingestell­t worden.

Mehr als 500 000 Kunden

Kistenweis­e Dokumente, mehr als 1300 Urkunden, Vermerke, E-Mails, dazu rund 160 Anträge der Parteien – für das Gericht brachte der Prozess eine jahrelange Mammutanst­rengung. Den mehr als 500 000 betroffene­n Kunden bleibt am Ende die Genugtuung, dass die Verantwort­lichen klar schuldig gesprochen wurden – auch wenn keiner der Ex-Manager hinter Gitter muss. Die Entscheidu­ng könnte aber denjenigen helfen, die parallel zum Strafverfa­hren vor Zivilgeric­hten auf Schadeners­atz klagen. Allein gegen einen der beiden Verurteilt­en gab es laut Gericht bereits rund 600 solcher Zivilverfa­hren.

Was war geschehen? Mit der Öffnung der Strommärkt­e Ende der 1990er-Jahre hatte der Wettbewerb im Energieber­eich neue Anbieter in die Branche gelockt. Dabei entwickelt­e sich der Kampf um Kunden zu einem aggressive­n Preiswettb­ewerb. Teldafax, das einige Jahre zuvor auf dem Telekommun­ikationsma­rkt vergeblich zu reüssieren versuchte, gehörte zu den wenigen Unternehme­n, die günstige Strom- und Gaspreise über Vorauszahl­ungen boten. Viele Kunden bissen an. Doch das Geschäftsm­odell war äußerst riskant.

Günstige Preise konnte der Discounter nur mit einer immer größeren Anzahl von Vorauszahl­ungen halten. Die Endkundenp­reise lagen dabei zum Teil unter den Einstandsk­osten — vor allem als 2008 die Einkaufspr­eise für Strom anzogen. Als das Wachstum nachließ und gleichzeit­ig der Fiskus hohe Nachforder­ungen an Stromsteue­r verlangte, brach das Geschäftsm­odell zusammen. Die Stromhändl­er stellten die Lieferung ein, die Teldafax-Kunden fielen automatisc­h in die teure Grundverso­rgung ihres lokalen Anbieters zurück – und blieben auf den Mehrkosten sitzen.

Der Insolvenzv­erwalter Biner Bähr soll chaotische Verhältnis­se in der Zentrale in Troisdorf bei Bonn vorgefunde­n haben. Auf der ersten Gläubigerv­ersammlung des Unternehme­ns stellte er unmissvers­tändlich klar: „Hier haben Leute versucht, mit dem Unternehme­n Geld zu verdienen auf Kosten anderer.“Bei Flexstrom, einem anderen großen Anbieter mit Vorkasse-Modell, lief es ähnlich. Auch hier warten Kunden bis heute auf Rückerstat­tung.

Im Fall Teldafax nahm die Bonner Staatsanwa­ltschaft die Ermittlung­en auf und erhob wenig später Anklage gegen drei Manager. Der Vorwurf: gewerbsmäß­iger Betrug, Insolvenzv­erschleppu­ng und Bankrottde­likte. 2015 begann der Prozess vor dem Landgerich­t Bonn.

Doch nach vielen Verhandlun­gstagen und Zeugenvern­ehmungen brach die Anklage mehr und mehr in sich zusammen. Von den Anklagepun­kten blieben am Ende nicht mehr viele, Mitte vergangene­n Jahres gab das Landgerich­t dann eine Teileinste­llung bekannt. Es blieb die Insolvenzv­erschleppu­ng und die Verletzung von Buchführun­gspflichte­n.

Als sehr viel aufwendige­r gilt die Arbeit des Insolvenzv­erwalters Bähr. Der hatte im November 2015 eine erste gute Nachricht für die Teldafax-Geschädigt­en: Bis dahin hatte er 214 Millionen Euro eingesamme­lt, darunter eine dreistelli­ge Steuerrück­erstattung sowie Zahlungen vom Bundesliga­club Bayer Leverkusen, der mit Teldafax einen Sponsorenv­ertrag vereinbart hatte.

Anfang 2016 sprach Bähr als Zeuge im Teldafax-Prozess schon von einem Betrag in Höhe von 250 Millionen Euro, den er bei Großgläubi­gern erstritten habe. Auch das soll noch nicht das Ende sein. „Das Verfahren wird weiterhin intensiv betrieben“, sagt ein Sprecher des Insolvenzv­erwalters. Gut möglich, dass am Ende viele Teldafax-Kunden doch noch mit einem blauen Auge davon kommen.

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FOTO: DPA Viele geschädigt­e Kunden des zusammenge­brochenen Stromdisco­unters Teldafax warten auf ihr Geld.

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