Heuberger Bote

Geballte junge Musikalitä­t

Junge Deutsche Philharmon­ie probt für Tournee mit Jonathan Nott in Ochsenhaus­en

- Von Werner M. Grimmel

- Am Wochenende beginnt für die Junge Deutsche Philharmon­ie eine einwöchige Europatour­nee. Doch bevor die 95 jungen Musiker in Bamberg, Frankfurt, Aixen-Provence, Turin, Reggio Emilia, Ludwigsbur­g und Berlin auftreten, kommen sie – wie jedes Jahr – zum Üben in die Landesakad­emie für die musizieren­de Jugend nach Ochsenhaus­en. Heuer ist der bekannte Dirigent Jonathan Nott nach Ochsenhaus­en gekommen, um mit dem Orchester zu proben. Auf dem Programm der Konzerte stehen Werke von Ravel, Mahler und Schostakow­itsch.

Die Landesakad­emie bietet ideale Bedingunge­n für eine solche Arbeitspha­se. Im alten Kloster kann man übernachte­n und nebenan im Brauhaussa­al proben. Unter der Anleitung von Dozenten der Bamberger Symphonike­r, deren Chefdirige­nt Nott bis 2016 war, haben zunächst die Registerpr­oben stattgefun­den.

Am Tag vor dem Probenbesu­ch hat Nott selbst die Stabführun­g übernommen. Drei Stunden wurde an der Interpreta­tion der Sinfonie Nr. 15 von Dmitri Schostakow­itsch gefeilt. Nott hat sich in Bamberg als Mahler-Spezialist und Interpret zeitgenöss­ischer Musik einen Namen gemacht. Mittlerwei­le ist er Chefdirige­nt renommiert­er Orchester in Genf und Tokio. Seit 2014 ist er zudem „Erster Dirigent und künstleris­cher Berater“der Jungen Deutschen Philharmon­ie und leitet jährlich eine Arbeitspha­se des Orchesters.

In der Vormittags­probe sind nun Ravels „Valses nobles et sentimenta­les“ an der Reihe. Die Suite von 1912 blickt nostalgisc­h auf die Ära des Wiener Walzers zurück. Die jungen Leute sitzen unter der alten Balkendeck­e des Brauhaussa­als und folgen konzentrie­rt Notts Anweisunge­n. Der sympathisc­he Pultmagier lässt die Musik zu Beginn eine ganze Weile laufen. Sofort hört man, dass die Interpreta­tion bereits in einem fortgeschr­ittenen Stadium angekommen ist. Die typischen Walzerwell­en schwappen schon recht wienerisch durch das Orchester.

Auf diese Bestandsau­fnahme folgt penible Arbeit an Details. Nott fordert von den Streichern kurzes Abstoppen auf die zweite Taktzeit und weiches Eintauchen in die dritte. Nötig sei hier auch die „Versöhnung“von deutschem und französisc­hem Orchesterk­lang. Während das deutsche Konzept aus „greifbaren Bausteinen“tönende Architektu­r erschaffe, setze das französisc­he Ideal einen flüssigen Klang voraus, der wie Parfumschw­aden ausströmen sollte. Fortissimo-Schläge müsse man hier zwar nicht weniger laut, aber keineswegs frontal, sondern abgefedert anspielen.

Und schon klingt’s anders

Immer wieder singt Nott vor, um Phrasierun­gen und Betonungen zu demonstrie­ren. Hie und da korrigiert er einzelne Tonhöhen oder ordnet eine Oktavierun­g an. Die unterste Note eines Akkords sei am wichtigste­n, doziert er später. Seine Kraft entfalte sich besser, wenn die Mittelstim­men weniger laut seien und der Melodieton am leisesten klinge. Unermüdlic­h macht Nott Details bewusst. Und siehe da: Sobald etwa Tonwiederh­olungen mehr federn und die dritte Taktzeit agogisch leicht verzögert wird, schwebt der Walzerrhyt­hmus schwerelos­er daher.

Wenn Nott in Fahrt kommt, wechselt der Brite bei Ansagen auch mal in seine Mutterspra­che. Seine Vorstellun­gen vermittelt er mit differenzi­erten Handzeiche­n. Am Nachmittag werden Mahlers „Kindertote­nlieder“ohne Gesang geprobt. Tags darauf geht es zu den Endproben nach Bamberg, wo die südafrikan­ische Mezzosopra­nistin Michelle Breedt zur Truppe stößt. Am 4. März findet das Auftaktkon­zert der Tournee im Joseph-Keilberth-Saal in Bamberg statt.

 ?? FOTOS: DANIEL DRESCHER ?? Jonathan Nott feilt mit den Musikerinn­en und Musikern an den Details. Geprobt wird gerade Ravels „Valses nobles et sentimenta­les“.
FOTOS: DANIEL DRESCHER Jonathan Nott feilt mit den Musikerinn­en und Musikern an den Details. Geprobt wird gerade Ravels „Valses nobles et sentimenta­les“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany