Auch als Jäger findet Rydzek einen Weg zu Gold
Kombinierer aus Oberstdorf gewinnt seinen dritten Titel in Lahti trotz Ein-Minuten-Hypothek von der Schanze
(dpa/SID) - Zum Jubeln fehlte Johannes Rydzek nach seinem historischen Sturmlauf durch den Tiefschnee von Lahti schlicht die Kraft. Der neue König der Nordischen Kombinierer reckte kurz die Ski in den Himmel und nahm dann völlig ausgelaugt die Glückwünsche seiner Teamkollegen entgegen. Mit dem dritten Gold in Finnland – dem insgesamt fünften Titel seiner Karriere – krönte sich der 25-Jährige aus Oberstdorf am Mittwoch zum erfolgreichsten Winterzweikämpfer der WM-Geschichte. „Coole Sache!“, sagte Rydzek. „Es war eine unglaubliche Woche. Ich werde das sicher erst in ein paar Tagen begreifen.“
Drei Starts, drei Siege: Im Eiltempo ist Rydzek an die Spitze der ewigen Bestenliste gestürmt. Mit zehn Medaillen (fünf Gold/vier Silber/eine Bronze) liegt er nun vor dem Norweger Bjarte Engen Vik (fünf/drei/null) und Jason Lamy Chappuis aus Frankreich (fünf/null/fünf). „Klar ist das schön, aber ich mache den Sport nicht für die Statistik, sondern weil es unheimlich viel Spaß macht. Ich genieße jedes Rennen. Was gerade dabei herauskommt, ist einfach nur phänomenal“, erklärte Rydzek bescheiden. „Damit hätte ich nie gerechnet.“
Nach einem Sprung und dem Zehn-Kilometer-Langlauf verwies er am Mittwoch den Japaner Akito Watabe um 4,8 Sekunden auf Rang zwei. Dritter wurde François Braud aus Frankreich. Fabian Rießle (Breitnau) war als zweitbester Deutscher Sechster. Eric Frenzel, der als Siebter seine zwölfte WM-Medaille verpasst hat, gratulierte dem Triumphator danach aus vollem Herzen. „Das ehrt mich“, so Rydzek. „Es zeichnet Eric aus, dass er sich mit mir freut.“
Bundestrainer Hermann Weinbuch war überaus angetan von der Vorstellung seines Weltmeisters. „Er entwickelt sich stetig, das ist das Phänomen. Er lernt immer wieder dazu, wird immer entspannter und selbstbewusster. Er hat das hier weltmeisterlich durchgezogen“, lobte der Erfolgscoach. Und: „Es war ein richtig schweres Rennen. Johannes ist es clever gelaufen. Er ist der verdiente Sieger.“
Co-Trainer Ronny Ackermann, der mit vier WM-Titeln in den Bestenlisten nun hinter Rydzek liegt, stellte anerkennend fest: „Es war ein taktisches Meisterstück.“Denn nach dem Springen von der Großschanze hatten sich Rydzek und seine Teamkollegen in der ungewohnten Verfolgerrolle befunden. 122 Meter reichten dem Allgäuer nur zu Rang fünf. Dennoch legte sich Hermann Weinbuch schon vor dem Start des Langlaufs fest: „Ich bin überzeugt, dass er noch Gold holt.“
Pari nach 7,5 Kilometern
Genau eine Minute musste Johannes Rydzek auf den führenden Österreicher Mario Seidl aufholen – er legte entsprechend los. Schon bei der ersten Zwischenzeit nach 1,3 Kilometern hatte er 17 Sekunden wettgemacht und zur ersten Verfolgergruppe aufgeschlossen. Bei Rennhalbzeit war der Rückstand auf 26 Sekunden geschmolzen. „Es lief super für ihn, denn er konnte sich in der Gruppe immer wieder auch ein wenig ausruhen“, analysierte Weinbuch.
Eingangs der Schlussrunde kam es zum Zusammenschluss mit Seidl, der wie sein Landsmann Wilhelm Denifl dem Tempo der Konkurrenten bald nicht mehr folgen konnte. Kurz vor der Einfahrt ins Stadion setzte Rydzek dann zur entscheidenden Attacke an. „Ich habe auf meine Stärke hinten raus vertraut und am letzten Berg alles rausgehauen“, berichtete er im Ziel, nach Atem ringend. „Es hat wehgetan, sich aber ausgezahlt.“