Das Häfler Wunder bleibt aus
Der VfB Friedrichshafen scheidet trotz starker Leistung beim 2:3 gegen Paris aus der Volleyball-Champions-League aus
- Kinnreibend schritt Trainer Vital Heynen die Seite entlang, seine Hände suchten etwas, um die Nervösität zu bekämpfen, fanden einen Stift, den der Trainer fortan drehte. Er wusste, wie entscheidend der Beginn für seinen VfB Friedrichshafen sein würde. Doch half alles im ersten Satz gegen Paris Volley nichts, von nun an mussten die Häfler einem Rückstand hinterherlaufen und durften sich keinen Ausrutscher mehr erlauben. Der nächste allerdings folgte bereits im dritten Durchgang, und er begrub die keimenden Hoffnungen auf das Weiterkommen in der Champions League endgültig.
Denn die Rechnung vor dem Spiel war denkbar einfach: Die Häfler mussten mit 3:0 oder 3:1 gegen Paris Volley gewinnen und auf Schützenhilfe aus Polen hoffen, um doch noch unter die besten zwölf Teams Europas einzuziehen. Die Chance war minimal – und doch vorhanden. Hatten starke Blocks und positive VideoChallenges im ersten 20:25-Satz nicht für den Gewinn gereicht, ging es umso furioser in den zweiten. Als ob sie diesen Weckruf gebraucht hätten, feuerten die Häfler nun zielsicher. Schnell stand es 7:1, und auch das Publikum peitschte sein Team nun – nach zögerlichen Minuten – wieder nach vorne. Der Ex-Häfler Roland Gergye, jetzt im Pariser Trikot, setzte zwar immer wieder gute Akzente, doch spielte nur noch eine Mannschaft: der VfB. Konsequenz: der 25:9-Satzgewinn.
Ungenauigkeiten schlichen sich fortan immer mehr ins Pariser Spiel, die Bälle fanden nicht das Feld oder landeten gleich im Netz. An die Stelle des Stiftes in Heynens Hand war nun die Taktiktafel getreten, die allerdings einiges aushalten musste. Denn der Trainer hatte von nervös zu emotional und aggressiv gewechselt. Lautstark rief er seine Mannschaft zur Ordnung. Libero Markus Steuerwald rettete dem VfB mit spektakulären Ballgewinnen so manchen Punkt, auch wenn ihm gerade im so wichtigen dritten Satz einige Fehler unterliefen. Hatte man zwischenzeitlich die Enttäuschung auf Trainer Heynens Gesicht förmlich als Lehrbuchbild verwenden können, war davon zum Ende des dritten Satzes nichts mehr zu merken, zu spannend machten es beide Mannschaften. Satzball Paris. Doch gerade Gergye brachte jenen nicht ins Ziel und hielt die Flamme der Hoffnung bei sein Ex-Team am Glimmen, nur um sie kurze Zeit später vollkommen ersticken zu sehen. Tomas Kocian brachte seine Angabe nicht ins Feld, und so war der Traum von der Champions League für diese Saison ausgeträumt. „Es war heute in unserer Hand“, bilanzierte Vital Heynen, „aber wir haben es nicht gemacht, hatten einige Fehler. Wir sind aber eine junge Mannschaft, die bisher immer dem Druck standgehalten hat. Daraus müssen wir nun lernen.“
Dass das Spiel letztlich mit 2:3 (20:25, 25:9, 23:25, 25:21, 9:15) verlorenging, war nur noch Statistik, Beiwerk. Dass Belchatow sein Spiel gegen Craiova souverän 3:0 gewann, das Friedrichshafener Weiterkommen also möglich gewesen wäre – bloße Ergebnisspielerei. Was bleibt, ist eine starke Leistung gegen eine der besten Mannschaften Europas – und der Trost, die Tabelle der Bundesliga anzuführen. Und vielleicht kann Trainer Heynen ja heute schon wieder etwas lächeln, wenn er allen Zuschauern, wie versprochen, ein Frühstück und die „Schwäbische Zeitung“spendiert – sein Kinn und den Stift wird die Beschäftigung mit anderen Dingen zumindest freuen.