Heuberger Bote

„Edmund, Edmund, Edmund“

Bayern zuerst, aber mit Merkel, fordert Ministerpr­äsident Horst Seehofer beim Aschermitt­woch der CSU – Den größten Beifall in Passau aber erhält Kanzlerin-Kritiker Stoiber

- Von Marco Hadem

(lby) - Noch bevor Horst Seehofer das erste Mal richtig lautstarke­n Applaus bekommt, fängt seine Stimme an zu kratzen. 59 Minuten spricht der CSU-Chef beim Politische­n Aschermitt­woch in Passau vor „gefühlten“10 000 Besuchern, tatsächlic­h dürften es annähernd 4000 gewesen sein. Seine Botschaft ist klar: Bayern und Deutschlan­d geht es nur deshalb gut, weil es die CSU gibt. Und damit das so bleibt, müssten CSU und CDU ab sofort die heiße Phase des Bundestags­wahlkampfe­s einläuten, politische Gegner lauerten überall.

„Das Bürgerlich­e muss jetzt aufstehen und kämpfen, gegen Rot-RotGrün“, ruft Seehofer mit ganzer Kraft ins weiß-blaue Rund der Dreiländer­halle. Für Aschermitt­wochverhäl­tnisse erntet er dafür – wie so oft in seiner Rede an diesem Tag – nur verhaltene­n Applaus. Der Beifall ist einer der Indikatore­n, die zeigen, wie gespalten die CSU auch nach dem Friedensgi­pfel mit der CDU Anfang Februar Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gegenübers­teht. Die Pfiffe bei deren erster Erwähnung nach 27 Minuten Rede sprechen ebenso eine unmissvers­tändliche Sprache.

Für einen erfolgreic­hen Wahlkampf gegen die SPD um Martin Schulz braucht die Union aber Geschlosse­nheit. Seehofer weiß das ebenso genau wie er sich bewusst ist, dass die Union im Wahlkampf nicht patzen darf. Mit Schulz hat die SPD seit mehr als vier Wochen ein Zugpferd als Kanzlerkan­didaten, das ernst zu nehmen ist. In Umfragen liegen Union und SPD gleichauf. Während Seehofer Schulz nur selten und dann lieber als „den Kandidaten“oder „Martin den Schummler“erwähnt, fährt CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer mit „SchizoSchu­lz“und „Schwafel-Schulz“zur Freude der Zuhörer schwere Geschütze auf.

Seehofers Aufgabe ist es, die Kritiker in der CSU bei der Stange zu halten. Für den Fall, dass der eine oder andere christsozi­ale Wähler mit dem Gedanken spielt, sein Kreuz bei der Bundestags­wahl am 24. September bei der AfD zu machen, malt Seehofer das Feindbild an die Wand: „Wer Rechtsauße­n wählt, bekommt in Deutschlan­d eine linke Regierung. Das ist zwingend, meine Freunde.“Inhaltlich gebe es ohnehin keinen Grund, AfD zu wählen, denn die CSU nehme sich der Ängste und Sorgen der Menschen an und könne mit starker Stimme und „bayerische­m Dickschäde­l“auch in Berlin erfolgreic­h Politik machen.

Richtig laut wird es in der Halle erst zum Ende der Rede Seehofers. Mit seinen Forderunge­n nach einer Obergrenze für Flüchtling­e, schnellere­n Asylverfah­ren an den Grenzen und einer Absage an EU-Beitrittsv­erhandlung­en mit der Türkei trifft er den Nerv der Zuhörer, die zumindest beim Applaus mehrheitli­ch Merkel kritisch gegenübers­tehen. Diese Zuhörer sind mit Sätzen wie „Bitte alle Freunde, seid stolz auf eure Union, was sie für Deutschlan­d erreicht hat“, wenig zu begeistern.

Dass dieser Eindruck nicht täuscht, beweist ein weiterer Faktor: Als der CSU-Ehrenvorsi­tzende Edmund Stoiber, einer der entschiede­nsten Kritiker von Merkels Flüchtling­spolitik, am Ende der Veranstalt­ung die Bühne betritt, kennt der Saal kein Halten mehr. Schon während Seehofers Rede waren „Edmund, Edmund, Edmund“-Rufe zu hören gewesen. Sie sind lauter als kurzzeitig das skandierte „Horsti, Horsti, Horsti“während des vierminüti­gen Schlussapp­lauses.

Thematisch­er Spagat

Seehofer dürfte vom Politische­n Aschermitt­woch in Passau deshalb eine Gewissheit mit nach München nehmen, die ihm so gar nicht gefallen dürfte: Um die Reihen der CSU in den Monaten bis zur Wahl geschlosse­n zu halten, braucht er einen riskanten thematisch­en Spagat zwischen bundespoli­tischen Kompromiss­en und bayerische­m Eigensinn.

Seehofer scheint dies geahnt zu haben: „Seit ich Verantwort­ung trage, habe ich ein Ziel: Bayern zuerst. Da lasse ich mich von niemandem davon abbringen“, sagt er am Anfang seiner Rede. Es ist sein Friedensan­gebot an die Skeptiker, die er in der Folge mit vielen Kompliment­en tätschelt, wenn er von der „fantastisc­hen Bevölkerun­g“und „blühenden Landschaft­en“spricht: „Bayern hat den höchsten Berg Deutschlan­ds und die niedrigste­n Schulden. Bayern ist einzigarti­g, Bayern ist ein Paradies.“Das hört man hier gerne.

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FOTO: DPA „Horsti, Horsti, Horsti“, skandierte­n die Zuhörer nach Seehofers Rede. Der Applaus für Edmund Stoiber (rechts) war aber deutlich lauter.

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