Immer feste drauf
Hugh Jackman kehrt als Logan auf die Leinwand zurück
D er Superheld ist schlecht rasiert, schlecht gelaunt und hat ein Alkoholproblem. Man schreibt das Jahr 2029. Es gibt kaum noch X-Men, und Logan muss sich als Taxifahrer durchschlagen. Nur wenn Ghetto-Kids die Radkappen seiner Stretch-Limousine klauen wollen, dann läuft er noch mal zu großer Form auf, und schon nach wenigen Minuten fließt das erste Blut.
Hugh Jackman ist wieder dieser Logan alias Wolverine, der Mann, der bei Gefahr lange, scharfe Krallen aus seiner Hand ausfahren kann. Früher gehörte er zu den X-Men, jetzt ist er ein einsamer, gebrochener Mann irgendwo in Texas, der sich immerhin noch um seinen alten Chef kümmert: Professor X (Patrick Stewart) vegetiert versteckt auf einem alten Schrottplatz, abhängig von Medikamenten, die Logan ab und zu auftreibt und ihm bringt. Doch dann taucht dieses kleine Mädchen auf, das X-Kräfte hat und von bösen Männern verfolgt wird – und Logan und der Professor haben wieder eine Aufgabe.
Pseudointellektuell
Mit „Logan“kommt die Serie um Wolverine zu einem Ende – und wer die mehr als zwei Stunden überstanden hat, ist geneigt zu sagen: Gut so. Bis zum Abspann hat man eine ausnehmend blutige, gewalttätige Story erlebt, die auf einer Kuriosität basiert: Seine junge Heldin wird von einer ElfJährigen gespielt, die ihren eigenen Film in Deutschland nicht anschauen dürfte – er ist, sehr zu Recht, erst ab 16 Jahren freigegeben. Sie ist die dritte Hauptfigur neben Wolverine und Professor X, die dafür sorgen, dass ihre Flucht in ein Camp für junge X-Menschen jenseits der Grenze zu Kanada (!) gelingt. Am Ende deutet der Film an, dass Laura Wolverines Fackel weitertragen wird.
Im Kern ist „Logan“ein mit einigen intellektuellen Querverweisen aufgehübschtes Gemetzel, mit einer genau kalkulierten Abfolge von Actionszenen, Verfolgungsjagden und Zweikämpfen von einer erheblichen Brutalität, die den Zuschauer schnell abstumpft. Da helfen auch Anspielungen auf Shakespeare (eine Figur heißt Caliban, wie die Diener-Figur aus „Der Sturm“) oder die Filmgeschichte (Zitate aus dem Edel-Western „Shane“) oder zarte Kritik an Gen-Technik nichts – wenn’s drauf ankommt, wird möglichst fantasievoll draufgeschlagen, werden Leiber aufgeschlitzt, rasant montiert und mit aufdringlichen Ton-Effekten. Das kleine Mädchen, das ebenfalls wolverinige Klauen ausfahren kann, immer vorne weg.
Das ist in mehrfacher Hinsicht enttäuschend und einfallslos, zumal der Regisseur und Co-Autor James Mangold heißt. Mangold hat eine respektable Filmografie vorzuweisen: den vielleicht besten SylvesterStallone-Film („Cop Land“, 1997), das Suchtdrama „Girl, Interrupted“(1999), das Angelina Jolie einen Oscar einbrachte, die romantische Komödie „Kate und Leopold“(2001) mit Jackman und Meg Ryan, 2005 die hochgelobte Johnny-Cash-Biografie „Walk the Line“(Oscar für Reese Witherspoon) oder den soliden Spätwestern „Todeszug nach Yuma“von 2007. Damit hatte er den Einstieg in die Blockbuster-Kategorie geschafft, drehte später das Tom-Cruise-Spektakel „Knight and Day“und 2013 den zweiten X-Men-Spin-off „Wolverine – Der Weg des Kriegers“.
„Logan“bringt die Serie gewissermaßen zum Abschluss, ermöglicht aber auch durchaus eine Fortsetzung. Die Vorstellung, dass jetzt Mutanten-Kinder die Geschichte übernehmen, ist allerdings unbehaglich. Elfjährige Mädchen sind auf dem Ponyhof vielleicht doch besser aufgehoben als auf dem Schlachtfeld.