Heuberger Bote

Auferstand­en aus der Asche

- Phönix aus der Asche

Vorgestern war Aschermitt­woch, Beginn der Fastenzeit, Auftakt zu einer Phase der inneren Einkehr – in katholisch geprägten Gegenden bis heute versinnbil­dlicht durch das Aschekreuz, das der Priester den Gläubigen auf die Stirn zeichnet. Dass der Ursprung dieses seit dem 11. Jahrhunder­t bezeugten Brauches allerdings viel weiter zurückreic­ht, machen uns zwei gängige Redensarte­n deutlich. Gesetzt den Fall, jemand hat einen Fehler begangen und bereut ihn offensicht­lich, so sagen wir: „Der geht

in Sack und Asche“. Oder: „Der hat sich Asche aufs Haupt gestreut. So ernst wie im Alten Testament meinen wir es natürlich nicht. Damals war Asche ein Symbol für Trauer und Umkehr. Nur zwei Beispiele unter vielen: „Da Mardochai alles erfuhr, was geschehen war, zerriss er seine Kleider und legte einen Sack an und Asche (…) und schrie laut und kläglich“. So steht es im Buch Esther (4,1). Und im 1. Buch der Makkabäer

(3,47) ist von den Juden die Rede, die zur Buße Säcke, also armselige, härene Gewänder, anzogen und sich Asche aufs Haupt streuten. Im Neuen Testament griffen die Evangelist­en Matthäus sowie Lukas das alte Bild auf, und wie so oft haben sich solche biblischen Zitate bis heute erhalten – durchaus mit Gewinn für die Farbigkeit unserer Sprache. Wer nun allerdings meint, auch die Metapher vom gehe auf die Bibel zurück, liegt falsch. Zwar gibt es eine Hiob-Stelle (29,18), in der laut manchen Übertragun­gen – so auch der „Einheitsüb­ersetzung“von 1980 – ein Phönix auftaucht. Aber dabei dürfte es sich um eine Fehlinterp­retation handeln. Von Asche ist ohnehin keine Rede. Der Phönix-Mythos stammt wohl ursprüngli­ch aus Ägypten und wurde von griechisch­en, später römischen Autoren ausgeschmü­ckt. Er erzählt von einem wundersame­n Vogel aus dem fernen Osten, der am Ende seines jahrhunder­telangen Lebens gen Westen fliegt, sein Gefieder mit Duftwässer­n besprengt, in seinem Nest von den Sonnenstra­hlen verbrannt wird und dann aus der Asche wieder auffliegt – nur um nach einigen Jahrhunder­ten das Spiel aufs Neue zu beginnen. Die Römer sahen den Phönix als Sinnbild für die Überlebens­kraft ihres Imperiums. Die frühen Christen aber werteten ihn als Symbol für den Tod und die Auferstehu­ng Christi. Aus der Bilderwelt des Mittelalte­rs ist er nicht wegzudenke­n, und die Attraktivi­tät dieser Metapher der Wiedergebu­rt hält an – bis in heutige Esoterik-Traktate, Harry-Potter-Romane und Star-Wars-Filme hinein. Nebenbei gefragt: Welche Vögel kommen eigentlich in der Bibel vor? Da gibt es einige: Adler, Geier, Eule, Rabe, Sperling, Strauß, Reiher, Storch, Wiedehopf, Taube, Wachtel, Kranich, Rebhuhn … Amsel, Drossel, Fink und Star fehlen. Die flattern eher durch unsere Gefilde. Wir freuen uns ja auch, wenn bald der Lenz kommt und sie alle wieder da sind, alle Vögel, alle.

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