Heuberger Bote

„Es geht nicht um den Verzicht“

Pfarrer Maurice Stephan verrät, welchen Konsum er in der Fastenzeit reduzieren möchte

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- 40 Tage ohne Alkohol, Schokolade und Zigaretten: Das nehmen sich viele Menschen während der Fastenzeit vor. Wie sich die Bedeutung der Fastenzeit im Laufe der Jahre geändert hat und auf was die Menschen früher verzichtet haben, erzählt Pfarrer Maurice Stephan im Gespräch mit Redakteuri­n Alexandra Schneid. Als Pfarrer betreut er die Gemeinden Seitingen-Oberflacht, Wurmlingen und RietheimWe­ilheim.

Wie begehen Sie die Fastenzeit?

Ich habe mir vorgenomme­n, Alkohol und Süßigkeite­n zu reduzieren und die Gebetszeit­en morgens und abends einzuhalte­n. Außerdem feiere ich mehr Gottesdien­ste als sonst.

Fällt Ihnen der Verzicht schwer?

Am Anfang fällt es mir schon schwer, aber man gewöhnt sich daran. Am Sonntag ist ja keine Fastenzeit, da unterbrech­e ich bewusst. Denn Sonntag ist ein besonderer Tag. Jeder Sonntag ist für mich ein kleines Osterfest. Theologisc­h gesehen ist Ostern ein zentrales Fest im Kirchenjah­r. An Ostern hat Jesus den Tod besiegt. Dann kommt zum Tragen, für was Jesus eigentlich steht, nämlich für die Auferstehu­ng und ein neues Leben.

Was ist der eigentlich­e Sinn der Fastenzeit?

Während der Fastenzeit bereitet man sich auf Ostern vor. In dieser Zeit sollte man sich bewusst werden, wie man lebt. Die Fastenzeit dauert 40 Tage, da Jesus 40 Tage in der Wüste gefastet hat.

Wie haben die Leute früher gefastet?

Früher gab es sehr strenge Regeln, die von der Kirche vorgegeben waren. Da hat man eher auf das Essen geschaut und auf Fleisch und Eier verzichtet, wobei das schon sehr lange her ist. Auch tanzen war verboten. Das durfte man nur in der Mitte der Fastenzeit.

Und wie ist es heute?

Auf was die Menschen in der heutigen Zeit verzichten, ist ganz unterschie­dlich. Einer verzichtet auf das Auto, der andere auf den Fernseher. Es gibt viele Möglichkei­ten. Jeder lebt für sich und ist für sich selbst verantwort­lich. Das hat mit der Individual­isierung zu tun. Die Gesellscha­ft hat sich eben gewandelt.

Heißt fasten immer verzichten?

In der Fastenzeit geht es nicht um den Verzicht, sondern um das Leben. Ostern ist das Fest des Lebens. Es geht darum, bewusster zu leben und nicht, von etwas abhängig zu sein, sondern freier zu werden.

Viele verzichten auf Süßigkeite­n oder Alkohol. Wie finden Sie das?

Der Verzicht soll ja helfen, im Leben freier zu werden. Wenn man nach der Fastenzeit wieder über die Stränge schlägt, bringt es nichts, auf Süßigkeite­n und Alkohol zu verzichten. Wenn man sich aber mäßigt, ist das gut. Man soll ja das Leben auch genießen.

Was raten Sie denjenigen, die fasten wollen?

Man darf sich nicht zu viel vornehmen, sondern muss kleine Schritte gehen und sich überlegen, was für einen sinnvoll ist. Das kann bei jedem anders sein. Wenn man sich zu viel vornimmt, bleibt oft Frust übrig.

Worauf freuen Sie sich am meisten nach der Fastenzeit?

Ich freue mich auf die Gottesdien­ste, auch wenn ich an Ostern gut beschäftig­t bin: Am Karfreitag sind es zwei bis drei, am Ostersonnt­ag drei und am Ostermonta­g nochmals zwei bis drei. Aber ich freue mich auch mal, unter der Woche Schokolade zu essen.

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FOTO: ALEXANDRA SCHNEID Pfarrer Maurice Stephan rät, sich beim Fasten nicht zu viel vorzunehme­n. Sonst kommt der Frust.
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