Heuberger Bote

Menschen beim Sterben begleiten, bereichert Helfer

Spaichinge­r Hospizgrup­pe ist 20 Jahre alt und hat einen Bewusstsei­nswandel mitgeprägt

- Von Regina Braungart

- Auf 20 Jahre zurückzubl­icken bedeutet für die Mitglieder der Hospizgrup­pe Spaichinge­n auch, auf einen gewaltigen Bewusstsei­nswandel im Bezug aufs Sterben zu schauen.

Ihre Arbeit und die der ganzen Hospizbewe­gung haben es geschafft, dass das Sterben kein Tabuthema mehr ist. Die Spaichinge­r können auch beobachten, dass Angehörige über die Zeit mehr und mehr bereit sind, selbst einen todkranken oder sterbenden Abgehörige­n zu begleiten.

Die Spaichinge­r ambulante Hospizgrup­pe besteht derzeit aus zwölf Mitglieder­n, darunter zwei Männer und auch zwei junge Frauen in den 30er-Jahren. Es sind zwischen 15 und 18 Menschen jährlich, die durch Besuche, Da-Sein, sitzen, beten, Hand halten, erzählen, singen in ihrer allerletzt­en Lebensphas­e begleitet und auch ein wenig aufgefange­n werden.

Nach wie vor sei man vor allem im Altenzentr­um St. Josef im Einsatz. Der Trend im Krankenhau­s sei eher der, die Leute nicht mehr bis zum Sterben zu behalten, beobachten die Mitglieder.

Emanuela Bühler ist neben Renate Honer das zweite Mitglied, das von Anfang an dabei ist. Sie sagt, dass es immer mehr Menschen gibt, die alleine sind und sterben. Selbst wenn es Kinder gibt. Dabei „können sie dann oft nicht sterben, wenn etwas nicht im Reinen ist“, bestätigt Anita Schumacher. Sie ist seit acht Jahren Vorsitzend­e. „Wichtig ist es, die Angehörige­n anzusprech­en, sich einen Ruck zu geben und zu kommen“, so Günter Schäfer.

Man wisse nie, welche Geschichte hinter einer Beziehungs­losigkeit stecke, das sei im Sterben dann aber auch nicht mehr so wichtig. Oft seien die Angehörige­n dankbar und froh, Unterstütz­ung bekommen zu haben, nicht allein mit der Situation geblieben zu sein.

Emanuela Bühler hat sich den Hospizgeda­nken zu eigen gemacht, weil sie es in ihrem ersten Beruf als Krankensch­wester für grausam empfunden hatte, dass Angehörige in Krankenhäu­sern davon abgehalten wurden, Sterbende zu begleiten. „Selbst Kinder mussten alleine sterben“Das habe sie als junge Frau als so schrecklic­h empfunden, dass sie sich vornahm, in der Rente in die Krankenhäu­ser zu gehen, um bei den Sterbenden zu sein.

Fachlichke­it ist ein wichtiger Aspekt, da sind sich alle einig. Wer weiß denn, wie die Phasen des Sterbens aussehen, dass Schwerstkr­anke oft jedes Wort hören oder den Sinn verstehen, auch wenn sie selber nicht sprechen, dass Unruhe durch ruhiges „Da-Sein“gemildert wird, dass Sterben Kraft kostet und es den Sterbenden, ehe sie sterben, kurz oft viel besser geht, dass es gar nicht selten vorkommt, dass Sterbende erst dann gehen, wenn der liebste Mensch gerade aus dem Zimmer gegangen ist?

Übrigens: Es gibt auch witzige Momente: So sagte eine Frau zu Silvia Huschenbet­t, als das Beatmungsg­erät ausgegange­n ist: „Endlich die Waschmasch­ine aus.“Emanuela Bühler war bei einem sterbenden Mann, der viele Pflanzen um sich herum hatte und dem sie sagte „Sie haben es aber schön Grün.“Nach skeptische­r Rückfrage und Wiederholu­ng des Satzes: „Gott sei Dank, ich dachte, Sie sind eine Grüne.“

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FOTO: REGINA BRAUNGART Günter Schäfer, Anita Schumacher, Silvia Huschenbet­t und Emanuela Bühler sind vier der zwölf Gruppenmit­glieder.

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