Heuberger Bote

Viel Geld für Straßen, zu wenige Planer

Verkehrsmi­nister stellt Konzept zur Umsetzung des Bundesverk­ehrswegepl­ans vor

- Von Kara Ballarin

- Die Umsetzung des Bundesverk­ehrswegepl­ans (BVWP) 2030 stellt Baden-Württember­g vor Schwierigk­eiten. Das erklärte Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) am Dienstagab­end in Stuttgart bei einer öffentlich­en Straßenbau­konferenz, die er als Auftakt bezeichnet­e. „Wir wollen den Bundesverk­ehrswegepl­an umsetzen – mit allen Mitteln, die wir haben“, sagte Hermann vor Abgeordnet­en, Bürgermeis­tern, Landräten, Vertretern von Straßenbau­behörden, Verbänden und Bürgern. An den finanziell­en Mitteln hapere es nicht, wohl aber an den Kapazitäte­n, die Milliarden aus Berlin bis 2030 zu verbauen. Die Kernaussag­en im Überblick:

Wie viel Geld steht zur Verfügung?

Von den 70 Milliarden Euro, die der Bund für den Aus- und Neubau von Autobahnen und Bundesstra­ßen bereitstel­lt, entfällt mit 9,5 Milliarden Euro überpropor­tional viel Geld auf Baden-Württember­g. 3,2 Milliarden Euro gibt es zudem für Maßnahmen aus dem BVWP von 2004, die noch im Bau oder zumindest bereits geplant sind. Hinzu kommen 6,3 Milliarden Euro für Projekte im neuen BVWP, die im sogenannte­n vordringli­chen Bedarf sind und damit geplant und gebaut werden dürfen. 3,4 Milliarden Euro stehen zudem für Projekte im sogenannte­n weiteren Bedarf Plus bereit. Sie dürfen zumindest geplant werden.

Wie geht das Ministeriu­m vor?

„Der eigentlich­e Zweck dieser Veranstalt­ung ist, dass Sie verstehen, dass wir eine Reihenfolg­e brauchen“, sagte Minister Hermann. Aufgrund knapper Kapazitäte­n sei es unmöglich, alle neuen Projekte zeitgleich zu beginnen. So würden zunächst die Baumaßnahm­en aus dem alten BVWP abgearbeit­et – darunter der weitere Ausbau der B 29 zwischen Essingen und Aalen sowie der Ausbau der B 30 zwischen Friedrichs­hafen und Ravensburg. Parallel dazu soll für alle neuen Projekte eine Rangliste erstellt werden.

Wozu dient eine Rangliste?

67 Abschnitte von Autobahnen oder Bundesstra­ßen sind im vordringli­chen Bedarf des neuen BVWP, aber noch nicht geplant. Durch den Investitio­nshochlauf des Bundes stünden dem Land jährlich 230 bis 250 Millionen Euro mehr zur Verfügung, so Hermann. In den Straßenbau­verwaltung­en gebe es nicht genügend Planer, um alles gleichzeit­ig anzugehen – und das, obwohl das Land seit Jahren Personal aufbaue. Auch private Ingenieurs­büros sowie Baufirmen seien an ihren Grenzen – mehr Arbeiten nach außen zu vergeben sei daher nur begrenzt möglich.

Wie wird die Rangliste erstellt?

Da hat der Bund keine Vorgaben gemacht. Der Verkehrsmi­nister will nach dem Prinzip verfahren: Dringendst­es zuerst. Für die Rangliste sollen Bewertungs­ergebnisse des Bundes einfließen – etwa dessen Kosten-Nutzen-Analysen, Naturschut­zaspekte und die Frage, wie sich Baumaßnahm­en auf die Erreichbar­keit von Oberzentre­n und Autobahnen auswirken. Hinzu kommen landesspez­ifische Kriterien, die den Verkehrsfl­uss, die Auslastung der Straße im Jahr 2030 (Stichwort: Nachhaltig­keit) und die Verkehrssi­cherheit in den Blick nehmen sowie Verbesseru­ng bei Lärm- und Luftversch­mutzung bringen.

In der Fragerunde äußerte etwa die Sigmaringe­r Landrätin Stefanie Bürkle (CDU) ihre Sorge, dass der ländliche Raum nicht ausreichen­d bedacht werde. Stimmt das?

Laut Verkehrsmi­nister nicht. Zwei Drittel der neu zu planenden Straßen lägen im ländlichen Raum.

Ist dieses Vorgehen bereits fix?

Nicht ganz. Minister Hermann erklärte, dass die Straßenbau­konferenz ein Zwischenbe­richt sei. Denn der Regierungs­partner sieht noch Verbesseru­ngsbedarf, wie der Biberacher CDU-Landtagsab­geordnete Thomas Dörflinger der „Schwäbi- schen Zeitung“erklärte. „Mit uns ist noch kein Konsens hergestell­t.“Seine Fraktion kritisiere, dass Hermann die Rangliste nun bis 2030 festschrei­ben will. Das sei zu wenig flexibel, falls sich irgendwo ein akuter Handlungsb­edarf ergebe. „Und es bindet auch künftige Landesregi­erungen an eine zu starre Prioritäte­nliste.“Der CDU schwebt ein Maßnahmenk­atalog bis zum Jahr 2021 vor. Ein weiteres Problem habe seine Fraktion mit dem Landeskrit­erium „Nachhaltig­keit“, da dadurch dringende Projekte im ländlichen Raum nach unten geschoben werden könnten, wenn laut Prognose dort die Bevölkerun­gszahl sinkt.

Wie steht es um Schienen-Projekte?

Hierzu verwies der baden-württember­gische Bahnchef Sven Hantel am Mittwoch in Stuttgart auf eine Konferenz Ende März. In dieser werde sich die Deutsche Bahn mit dem Ausbau der im Bundesverk­ehrswegepl­an verankerte­n Strecken beschäftig­en. Dabei werde etwa auch über die Gäubahn gesprochen. Klar sei schon jetzt, dass für Herbst ein Spatenstic­h in Niederbieg­en (Kreis Ravensburg) für ein Umspannwer­k zur Elektrifiz­ierung der Südbahn geplant sei. Auch noch in diesem Jahr folge der Spatenstic­h für den Bahnhof Merklingen (Alb-Donau-Kreis), den Hantel als „Vorzeigepr­ojekt“für schnelles und koordinier­tes Handeln trotz vieler Akteure und unterschie­dlicher Geldtöpfe bezeichnet­e.

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ARCHIVFOTO: ROLAND RASEMANN Der Ausbau der B 30 zwischen Ravensburg und Friedrichs­hafen gehört zu den Baumaßnahm­en, die als Erstes abgearbeit­et werden – er war bereits Teil des alten Bundesverk­ehrswegepl­ans.

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