Startschuss für offene Standortsuche in Sachen Atommüll
Union, SPD und Grüne haben einen Gesetzentwurf zur Auswahl eines Endlagers in den Bundestag eingebracht
- Schulterschluss für einen neuen Anlauf bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll: Union, SPD und Grüne wollen gemeinsam eine Reform des Standortauswahlgesetzes auf den Weg bringen. „Wir bevorzugen keine Region. Wir schließen keine Regionen von vorneherein aus“, erklärte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) am Mittwoch in Berlin. Rasmus Buchsteiner beleuchtet die Hintergründe zum neuen Atommüll-Gesetz.
Wie sieht der Fahrplan für die weitere Endlagersuche aus?
Bis etwa 2030 müsste laut Gesetz ein Standort gefunden sein. Nach der Entscheidung würde das Endlager geplant und errichtet. Umweltministerin Hendricks geht davon aus, dass ab dem Jahr 2050 mit der Einlagerung begonnen werden kann. Es geht um rund 30 000 Kubikmeter hoch radioaktive Abfälle.
Welche Standorte kommen grundsätzlich infrage?
Ziel ist es, Endlagerkonzepte in Tonstein, Steinsalz und Granit zu prüfen. Granit findet sich insbesondere im Bayerischen Wald, Tonschichten in Nordrhein-Westfalen und Salzstöcke vor allem im Norden Deutschlands. Standorte müssen mindestens einen Kilometer von Wohngebieten entfernt sein, dürfen nicht in Hochwasseroder Naturschutzgebieten liegen. Auch Regionen mit Erdbebengefahr oder Bergbau sind ausgeschlossen.
Was wird aus Gorleben?
Auch Gorleben bleibt ein möglicher Endlager-Kandidat. Die Erkundungsarbeiten dort werden jedoch erst einmal nicht weiter vorangetrieben. Doch über Gorleben dürfte es nach Verabschiedung des Gesetzes durchaus noch Streit geben. „Ich bin froh, dass die Standortsuche nun nach wissenschaftlichen Kriterien, transparent und bürgernah, erfolgen kann – Kriterien, die auch deutlich machen, dass Gorleben als Standort ungeeignet ist“, erklärte GrünenFraktionschef Anton Hofreiter im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“.
Gibt es Vorfestlegungen, die bestimmte Standort von vorneherein ausschließen?
Nein. Man geht vom Prinzip der Weißen Landkarte aus und will die Entscheidung allein an wissenschaftlichen Kriterien ausrichten. Der Ausschluss von Vorfestlegungen hatte erst dazu geführt, dass ein neuer Anlauf bei der Endlager-Suche möglich geworden ist
Wer hat am Ende das letzte Wort – die Endlager-Kommission oder die Politik?
Laut Gesetz muss jeder einzelne Verfahrensschritt vom Bundestag beschlossen werden. Das gilt insbesondere für die endgültige Festlegung auf einen Standort sowie für die Entscheidung über die unterirdische Erkundung verschiedener Standorte. In drei Phasen sollen die „Suchräume“Schritt für Schritt eingeengt werden.
Ist die Entscheidung irreversibel, wenn sie einmal getroffen ist?
Ist das Endlager erst einmal gebaut, wird es schwierig. Allerdings: Im Gesetz findet sich die Vorgabe, dass der Atommüll in einem Zeitraum von bis zu 500 Jahren wieder an die Erdoberfläche zurückgeholt werden können muss. Hintergrund sind die Probleme, die es mit dem Atommüll im niedersächsischen Schacht Konrad gegeben hatte. In den dortigen Salzstock waren riesige Wassermassen eingedrungen.
Wie geht es jetzt weiter?
Es muss noch von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Da auch die Grünen mit im Boot sind, gilt eine Mehrheit als sicher. Die Betreiber der Atomkraftwerke sollen einen Teil der Endlager-Kosten übernehmen und dazu 23,5 Milliarden Euro an einen staatlichen Fonds überweisen. Die Einigung über die Finanzierung ist allerdings noch nicht unter Dach und Fach.