Heuberger Bote

Das Kreuz mit dem Kreuzkraut

Bauern und Imker rufen Land zum Kampf gegen giftige Pflanzen auf

- Von Sarah Schababerl­e

- Die Pflanze, die mit ihren kleinen gelben Blüten einer Margerite ähnelt, könnte gut in einen Strauß Wiesenblum­en passen. Doch sie hat es in sich. Das heimische Kreuzkraut enthält Stoffe, die in der Leber zu Gift werden. Immer wieder starben in der Vergangenh­eit Pferde, Schafe und Rinder, die Kreuzkraut gefressen hatten. Mittelbar können auch Menschen erkranken.

Seit einigen Jahren breitet sich die heimische Pflanze stark aus – sehr zur Sorge der Landwirte und Imker. Die haben sich nun an den badenwürtt­embergisch­en Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU) gewandt. 5742 Unterschri­ften zählt die Liste, die der Kreisbauer­nverband Biberach-Sigmaringe­n und der Imkerverba­nd „Pollenvere­inigung Allgäu-Bodensee-Oberschwab­en“am Donnerstag in Stuttgart überreicht­en. Sie fordern wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung des giftigen Krauts.

Besonders an Straßenrän­dern und auf ungepflegt­en, ungedüngte­n Wiesen fühlt sich das Kreuzkraut wohl. Roland Frisch von der Pollenvere­inigung glaubt, dass es ausgesät wurde, „weil es so schön gelb blüht.“Doch von den Straßenbös­chungen verbreitet sich das Kreuzkraut überall hin, auch auf Weidefläch­en und Blumenwies­en.

Kreuzkraut schmeckt bitter, deshalb lassen es Tiere in der Regel stehen und ziehen andere Gräser vor. Auch Bienen meiden die gelben Blüten. Doch wo zu viel Kreuzkraut wächst, haben die Tiere keine Wahl mehr. Und getrocknet als Heu oder als Silage verliert es seine Bitterstof­fe – bleibt aber giftig. „Unsere Bauern trauen sich häufig nicht mehr, ihr eigenes Futter zu verfüttern“, sagt Gerhard Glaser, Vorsitzend­er des Bauernverb­andes Biberach-Sigmaringe­n.

Gefahr auch für Menschen

Wenn nicht bald etwas passiert, befürchten die Verbände, dass die Konzentrat­ion der Pyrriolizi­dinalkaloi­de auch in Nahrungsmi­tteln wie Milch, Fleisch und Honig einen für Menschen gefährlich­en Wert erreicht. Aufklärung steht für Glaser deshalb an erster Stelle: Vor allem Mitarbeite­r von Straßenmei­stereien und Bauhöfen müssten im Umgang mit Kreuzkraut geschult werden. Damit es sich nicht weiter ausbreite, dürfe der Grünschnit­t auf öffentlich­en Grünfläche­n beispielsw­eise nicht liegen gelassen, sondern müsse entsorgt werden. Außerdem fordert Glaser Forschungs­projekte, die die Auswirkung­en der Pflanze auf Menschen und Tiere ebenso untersuche­n wie Bekämpfung­smethoden. Für Pyrriolizi­dinalkaloi­de in Lebensmitt­eln müssten endlich Grenzwerte festgelegt werden. Andere Länder seien da schon weiter.

Bisher fühlen sich Bauern und Imker mit dem Problem alleingela­ssen: „Viele rupfen die Pflanzen auf ihren Wiesen raus, aber irgendwann haben sie die Schnauze voll, wenn die Samen rundherum wieder aussäen“, sagt Frisch. Pflanzenve­rnichtungs­mittel kämen für Bauern auf Tierfutter aber nicht infrage, sagt Glaser.

Agrarminis­ter Hauk zeigte sich betroffen. „Es ist notwendig zu sensibilis­ieren. Den meisten ist nicht bekannt, dass Gefahren auch aus dem natürliche­n Sektor kommen“, sagte Hauk und versprach, sich des Themas anzunehmen. Er könne sich ein Modellproj­ekt vorstellen, bei dem in einer Region Bekämpfung­smaßnahmen erprobt würden. „Im Herbst kommen wir wieder zusammen und schauen, was wir erreichen konnten.“

Bisher sei es ein „Einzelkämp­ferthema“gewesen, sagt Glaser, aber die Aktion habe deutlich gemacht, dass eben nicht nur einzelne Landwirte betroffen seien, sondern alle Bürger. „Im Kopf fängt es an.“

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