Rottweiler diskutieren die Hängebrücke
Bei einer Versammlung informieren sich die Bürger und tauschen Argumente für und wider aus
(sbo) - Fragen rund um die geplante Hängebrücke haben am Donnerstagabend in Rottweil für eine volle Stadthalle gesorgt: Bekommt Rottweil die Hängebrücke oder nicht? Was spricht dafür, was dagegen? Bei der Einwohnerversammlung gab’s interessante neue Perspektiven, viele Standpunkte, Kritik – und spürbare Begeisterung.
Schon vor Beginn des dreistündigen Programms tauschen an zahlreichen Info-Ständen Gegner und Befürworter ihre Argumente aus, lassen sich Bürger aus erster Hand Fragen beantworten. Die Firma KTS Innovations, die die „längste Hängebrücke der Welt“über das Neckartal im Auftrag des Investors Günter Eberhardt realisieren soll, zeigt auf großen Visualisierungen, wie die „Neckarline“, die Testturm und Innenstadt verbinden soll, nach derzeitigem Stand der Planungen aussehen wird.
Der Oberbürgermeister
Auf der Bühne eröffnet dann Oberbürgermeister Ralf Broß die Runde der Redner. „Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenig Brücken“– mit diesem Zitat fordert Broß dazu auf, mutig neue Verbindungen einzugehen. Die Brücke biete die Möglichkeit, in Rottweil Alt und Neu zu verbinden. 200 000 Besucher mehr im Jahr seien verkraftbar, „und es wird kein Parkplatzchaos geben“, versichert Broß. Das Parkleitsystem werde zügig angepackt. „Das Ja zur Hängebrücke lohnt sich für Rottweil.“Investor Günter Eberhardt spricht wie gewohnt frei von der Leber weg. Die Hängebrücke biete ganz neue Blickwinkel auf Rottweil und führe, wie sein Projektleiter Roland Haag ausführt, die Besucher direkt „in das Wohnzimmer Rottweils“– den Bockshof. „Der Einstieg wird filigran, wir wollen nichts verbauen“, so Haag. Zum genauen Andockpunkt erklärt Haag, dass es bisher noch keine Probebohrungen gegeben habe. „Das ist noch nicht fix.“
Der Erfahrene
Alois Oberer ist Bürgermeister von Reutte in Österreich, wo die „highline 179“über ein Tal hinweg zwei Burgen verbindet, und berichtet von einem „völlig neuen Image“für seine Stadt. Mehr als 100 000 Besucher kommen im Jahr zu Brücke, Reutte spüre den Aufschwung.
Die Bedenken
Dass das Landesamt für Denkmalpflege „erhebliche Bedenken“gegen die Brücke und deren Andockpunkt hat, erfahren die Besucher aus erster Hand von Ulrike Plate. Sie zeigt die Besonderheiten des Bockshofs auf, die Bedeutung der Stadtmauer und der Grünfläche, die bis 1832 ein Friedhof war. Diese werde nun „profane Verkehrsfläche“, die alte Stadtbefestigung werde beeinträchtigt, „das Kulturdenkmal verliert seine Aussagekraft“. Im Verfahren, so sagt sie auf Nachfrage, werde es „einen Abwägungsprozess“geben.
Positive Ausblicke hat dagegen Tourismusexperte Alexander Seiz parat. Die Brücke könnte Rottweil „ein starkes Profil“verschaffen, rund 200 000 Tagesbesucher anlocken, die dann für rund 2,1 Millionen Euro mehr Einnahmen in der Stadt sorgen. Optimalerweise müssten alle an einem Strang ziehen: Handel, Gastronomie, Hotellerie – und die Bürger.
Die Gegner
Werner Fischer und Winfried Hecht von der Bürgerinitiative „Rottweil OHNE Hängebrücke“stellen Reutte und Rottweil gegenüber: In Reutte sei die Brücke tatsächlich gelungen in die Natur eingebettet, in Rottweil dagegen werde eine Parkanlage zerstört. An der „filigranen“Gestaltung des Andockpunkts haben sie höchste Zweifel und zeigen die massiven Poller aus Reutte. „Das trifft ins Herz Rottweils.“Auch für die Anwohner oben auf dem Schafwasen gebe es „keine erfreuliche Perspektive“.
Die Bürger
Die Gelegenheit, Fragen zu stellen, wird dann rege genutzt. Manche Bürger – auch bekannte wie die GHVVorsitzende Karin Huonker oder Stadtrat Günter Posselt – nutzen das Mikrofon für ein Statement. Huonker und Posselt appellieren eindringlich für ein Ja zur Brücke beim Bürgerentscheid am 19. März. Auch ein Dunninger rät den Rottweilern, die Chance nicht verstreichen zu lassen. Andere hätten gern mehr Details vor dem Bürgerentscheid. Zu den Kosten für die Stadt. Zum genauen Brückenverlauf. Ein Versprechen gibt Martin Kathrein von KTS: „Der Einstieg wird genau so aussehen, wie gezeigt.“Nur wo, das bleibt an diesem Abend offen.