Heuberger Bote

Rätsel im Mammut-Prozess häufen sich

Prügelatta­cke am Tuttlinger ZOB: Verteidige­r stellt Antrag auf Freilassun­g eines der beiden Angeklagte­n

- Von Lothar Häring

- Kommt es im Prozess um den versuchten Mord kurz vor Weihnachte­n 2015 beim Tuttlinger Busbahnhof (ZOB) wirklich zu einer Wende? Am 18. Verhandlun­gstag am Freitag vor dem Landgerich­t Rottweil haben sich die Anzeichen verdichtet: In einem neunseitig­en Antrag forderte Verteidige­r Bernhard Mussgnug die Freilassun­g seines 34-jährigen Mandanten.

Derweil steht fest, dass der Prozess, der am 7. September begonnen hat, erneut verlängert werden muss: Das Gericht hat weitere vier Verhandlun­gstage bis Ende April angesetzt. Unter anderem soll ein medizinisc­her Sachverstä­ndiger Auskunft geben über den Gesundheit­szustand des 21-jährigen Opfers. Sein Anwalt Stefan Klett hatte am vergangene­n Verhandlun­gstag von einer „dramatisch­en Verschlech­terung“berichtet. Wegen Komplikati­onen müsse die Schädeldec­ke erneut geöffnet werden. Zwei Unbekannte hatten mit Stöcken brutal auf ihn eingeprüge­lt. Bisher schien viel dafür zu sprechen, dass es sich dabei um die beiden Angeklagte­n handelt.

Erhebliche Zweifel

Doch spätestens seitdem sie am vergangene­n Verhandlun­gstag entlastet worden sind, bestehen erhebliche Zweifel, wie Anwalt Mussgnug am Freitag feststellt­e. Nach der weit fortgeschr­ittenen Beweisaufn­ahme gebe es gegen seinen Mandanten keinen dringenden Tatverdach­t mehr, allenfalls „gewisse Verdachtsm­omente, die allerdings nicht ausreichte­n, um den seit dem 10. Juni 2016 in Vollzug gesetzten Haftbefehl aufrecht zu erhalten“. Mussgnug führte als Belege 13 Punkte an und betonte vor allem, dass keiner der Zeugen die Angeklagte­n zweifelsfr­ei erkannt habe und die Belastung des ersten Sachverstä­ndigen durch das Landeskrim­inalamt und die Obergutach­terin widerlegt worden sei. Zudem hätten sich die beiden Angeklagte­n nach dem Besuch des Tuttlinger Campus Clubs getrennt.

Am Freitag trat ein Zeuge auf, der den Älteren, einen 37-Jährigen, belastete. Der 21-jährige Türsteher gehört zum Freundeskr­eis des Opfers und berichtete, am anderen Tag sei man bei der Suche nach den Tätern auf ein Facebook-Foto des 37-Jährigen gestoßen. Auch der damalige Begleiter des Opfers, der geflüchtet war, habe den Mann als Verdächtig­en erkannt. Gerichtsfe­ste Angaben konnte allerdings auch dieser Zeuge nicht liefern.

Die Strafkamme­r lehnte am Freitag mehrere Beweisantr­äge von Anwalt Mussgnug ab, unter anderem die Vernehmung weiterer Zeugen und die Besichtigu­ng des Tatorts. Begründung: Das brächte keine neuen Erkenntnis­se. Über weitere Anträge ist noch nicht entschiede­n, darunter die Haftentlas­sung.

Darüber müsse das Gericht ohnehin vor jedem Verhandlun­gstag neu befinden, erklärte Karlheinz Münzer, der Vorsitzend­e Richter, der am Freitag – wohl angesichts des Verlaufs – sichtlich ungeduldig wirkte. Man werde jetzt die Stellungna­hme der Staatsanwä­ltin bis zum 16. März abwarten und dann außerhalb des Prozesses entscheide­n.

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FOTO: ARC Das Landgerich­t hat in dem Prozess den 18. Tag verhandelt.

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