Brandts Weggefährte Ehmke gestorben
(dpa) Der frühere sozialdemokratische Bundesminister und Kanzleramtschef Horst Ehmke ist tot. Er starb am Sonntag im Alter von 90 Jahren in einem Krankenhaus in Bonn. Der in Danzig geborene Jura-Professor war als Chef der Regierungszentrale (1969-72) eine wichtige Stütze für Kanzler Willy Brandt.
Er setzte Anfang der 1970er-Jahre Willy Brandts neue Ostpolitik mit durch und galt als visionärer Querdenker bei den Sozialdemokraten. Jetzt ist der frühere sozialdemokratische Bundesminister und Kanzleramtschef Horst Ehmke im Alter von 90 Jahren in einem Krankenhaus in Bonn gestorben.
Die Sozialdemokratie trauere „um einen brillanten und tatkräftigen Politiker“, der programmatische Ausrichtung wie praktische Politik entscheidend geprägt habe, teilten der scheidende SPD-Chef Sigmar Gabriel und sein designierter Nachfolger Martin Schulz mit. „Sein Kommunikationstalent, sein unverwechselbarer Wortwitz und seine blitzschnelle Entschluss- und Urteilsfähigkeit waren legendär und ebenso bewundert wie gefürchtet.“
Aus gutbürgerlichem Elterhaus in Danzig stammend, hatte der Arztsohn in Amerika studiert. Seit 1947 war er bei der SPD. Der scharfzüngige Intellektuelle war mit Mitte 30 schon Professor für Staatsrecht in Freiburg, als er Staatssekretär unter Justizminister Gustav Heinemann und 1969 noch in der Großen Koalition dessen Nachfolger wurde.
In der sozialliberalen Ära unter Brandt und Vizekanzler Walter Scheel (FDP) spielte der früh ergraute Haudegen eine tragende Rolle. Als Kanzleramtschef ging er energisch an die Modernisierung der Regierungszentrale. Mit der „MP unter dem Arm“sei Ehmke, genannt „Hotte“, damals durchs Kanzleramt gelaufen, um Beamte auf Trab zu bringen, berichteten Weggefährten. Bis 1972 war Ehmke als „Spezialist für alles“, wie Brandt ihn wohlwollend nannte, entscheidend an der Durchsetzung der Ostpolitik nach dem Prinzip „Wandel durch Annäherung“beteiligt.
Wortführer der linken Mitte
Die Guillaume-Spionage-Affäre führte 1974 auch zu Ehmkes Ausscheiden aus dem Kabinett, dem er zuletzt als Forschungs- und Postminister angehörte. Von 1977 an profilierte er sich als außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Nach dem Ende der sozialliberalen Koalition 1982 vertrat Ehmke in der Opposition die SPD-Außenpolitik. 1994 schied er aus dem Bundestag aus. Im Parteivorstand der SPD galt er als einer der Wortführer der „linken Mitte“. Als einer der ersten in der SPD erkannte er, dass die Sprachlosigkeit in Richtung der Grünen nicht ewig anhalten konnte. „Wir trauern mit der SPD um einen großen Politiker und wichtigen Brückenbauer“, erklärte Grünen-Chefin Simone Peter. Auch den Kontakt zur FDP ließ Ehmke nie abreißen.
Aus erster Ehe hat Horst Ehmke drei Kinder. 1972 ließ er sich scheiden und heiratete im selben Jahr die damals 25-jährige, aus Prag emigrierte tschechoslowakische Journalistin Maria Hlavacova. Im Ruhestand in Bonn schrieb er Kriminalromane.