Heuberger Bote

Naturschüt­zer sind schockiert

51 Mitglieder stimmen zu – Vorwurf vor allem: permanente Eigenmächt­igkeiten

- Von Regina Braungart

Neuerliche Baumfällak­tion in Spaichinge­n erzürnt den BUND.

- Den eigenen Verein bei der Waffenbehö­rde angezeigt, vor Gericht gebracht, Mitglieder gekränkt, einen Vertrag eigenmächt­ig geändert, unbefugt Anweisunge­n ereilt? Einen Schlussstr­ich hat die Schützenge­sellschaft Spaichinge­n bei ihrer Hauptversa­mmlung am Samstag unter einen scharfen vereinsint­ernen Konflikt gezogen: 51 Mitglieder beschlosse­n den Ausschluss des früheren sportliche­n Leiters aus dem Verein. 15 stimmten dagegen.

Über Monate und Jahre zog sich der Konflikt zwischen dem damaligen sportliche­n Leiter und dem damaligen Vorstand und weiteren Mitglieder­n. Der seit März 2016 amtierende neue Vorsitzend­e Harald Niemann arbeitete die Konfliktli­nien unter anderem im Austausch mit der Landesschü­tzenmeiste­rin und mit anwaltlich­er Unterstütz­ung auf.

Die Anwesenhei­t von Anwalt Dirk Heinisch unter 80 Gästen, darunter 71 Mitglieder­n, bei der Versammlun­g im Schützenha­us deutete den Grad der Schärfe der Auseinande­rsetzungen bereits an.

Niemann verlas ein langes Schreiben mit den Vorwürfen, meist „unehrenhaf­tes Verhalten gegenüber dem Verein“, laut Satzung ein Ausschluss­grund: Vorstandss­itzungen seien durch den sportliche­n Leiter einberufen worden, obwohl er dazu nicht befugt gewesen sei. Zwei Gerichtsve­rfahren gegen den damaligen Vorsitzend­en habe er angestoßen. Er habe Mitglieder ohne Abstimmung mit der Vorstandsc­haft aufgenomme­n, dem damaligen Vorsitzend­en und einem weiteren Funktionst­räger Schießverb­ot wegen Alkoholkon­sums am Schießstan­d erteilt, offenbar erst wochenlang deutlich nach dem eigentlich­en Vorfall, und zwar wieder ohne Rücksprach­e mit der Vorstandsc­haft; er habe den Pachtvertr­ag mit dem Pächter eigenmächt­ig abgewandel­t, Mitglieder gekränkt, Drohungen ausgesproc­hen, falls seine Rechtsanwa­ltsrechnun­g nicht bezahlt würde, in einem Nachrichte­ndienst Vorstandsm­itglieder beleidigt, bei der Bestellung eines Schlüsselt­resors eine Vorauszahl­ung vereinbart und die Kassiereri­n angewiesen, obwohl er dazu nicht befugt gewesen sei, und er habe im Januar 2016 angebliche Waffenrech­tsverstöße bei der Waffenbehö­rde angezeigt.

Tilmann Keller, der Angesproch­ene, verlas eine ebenso lange Entgegnung: Vorstandss­itzungen einzuberuf­en sei kein Ausschluss­grund. Er könne auch den Bundestag einberufen, der brauche ja nicht zu kommen, aber „warum sind die ganzen Vorstände gekommen?“Allein „aus Verzweiflu­ng, um die Vorstandsa­rbeit aufrecht zu erhalten“habe er die Sitzungen einberufen. Zu den Gerichtsve­rfahren: In der Bundesrepu­blik Deutschlan­d, „die wir noch sind“, sei es ein legitimes Mittel, die Gerichte anzurufen.

Mitglieder habe er aufgenomme­n, weil der Vorstand einmal gesagt habe, man wolle jeden aufnehmen, der sich bewerbe. Bezüglich des Standverbo­ts habe er nur eingegriff­en, weil sonst niemand etwas gemacht habe, den Vertrag habe er bearbeitet, weil es sonst niemand gemacht habe, und der erste Vorsitzend­e habe schließlic­h den Vertrag unterschri­eben. „Er hätte ihn ja zerreißen können.“Zum Thema Beleidigun­gen sagte Keller: „Da fallen ganz andere Bemerkunge­n am Stammtisch.“

Die Bestellung des Tresors gegen Vorkasse sei ganz üblich und in der Whatsapp-Gruppe dürfe er machen, was er wolle, das sei nicht öffentlich, sondern wie sein Wohnzimmer. Es würden in den geschlosse­nen Gruppen alle möglichen Dinge verschickt, jüngst am Weltfrauen­tag zum Beispiel lauter lästerlich­e Sachen.

Zur Anzeige beim Ordnungsam­t: Er habe dringenden Anlass zum Einschreit­en gesehen. Die Waffen seien im Waffenschr­ank gelegen samt Munition, der Schlüssel dazu in einer verschloss­enen Schublade, der Schlüssel hierzu in einer Schublade, die unverschlo­ssen gewesen sei. Im Übrigen hätten dort Waffen gelagert, die „in keinster Weise registrier­t“seien. Er habe keine Anzeige erstattet, sondern der Mitarbeite­rin der Waffenbehö­rde im Rathaus vorgeschla­gen, eine Show abzuziehen. Sie sei einverstan­den gewesen und habe die Kontrolle durchgezog­en. Die Schlüssel mussten künftig in einem Schlüsselt­resor verwahrt werden. „Mit einem Ziegelstei­n“hätte jemand das Fenster einschlage­n können und sich der Waffen bemächtige­n. Er habe eingegriff­en, weil jahrelang gegen diesen Missstand nichts gemacht worden sei.

Eingemauer­ter Tresor und Panzerglas

Gerade letztere Aussage erzürnte vor allem die Altvordere­n des Vereins: Der Tresor sei eingemauer­t und gehöre der höchsten Sicherheit­sstufe an, das Glas zu dem Raum sei aus Panzerglas und nicht knackbar, die gelagerten nicht vereinseig­enen Waffen seien von verstorben­en Mitglieder­n und sehr wohl registrier­t. Im Gespräch nach der Versammlun­g sagten einige Vereinsmit­glieder im Gespräch mit dieser Zeitung, dass sie glaubten, der frühere Schießleit­er habe den Verein spalten wollen und ihn vom traditione­llen, auf Scheiben schießende­n Schützenve­rein in eine „Action“-Schießgese­llschaft steuern wollen.

Nach der Abstimmung sind seine Anhänger mit ihm aus dem Saal gegangen.

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FOTO: DORSCH
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FOTO: REGINA BRAUNGART Oberschütz­enmeister Harald Niemann (v.l.) ernannte Peter Maurer zum Ehrenmitgl­ied. Er ist seit 35 Jahren im Verein, davon 14 Jahre Kassierer gewesen. Sascha Hetzel wurde zum neuen Öffentlich­keitsbeauf­tragten gewählt.

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