Heuberger Bote

Besoffene Fugen in strahlende­m Chorklang

Haydns Oratorium „Die Jahreszeit­en“begeistert im Festspielh­aus Bregenz

- Von Katharina von Glasenapp

- Beim vierten Abo-Konzert des Symphonieo­rchesters Vorarlberg (SOV) erlebte man unter der Leitung von Benjamin Lack wunderbar farbenreic­he Aufführung­en von Joseph Haydns „Die Jahreszeit­en“im Zusammenwi­rken von Orchester, Kammerchor Feldkirch und drei überzeugen­den Solisten.

Ähnlich wie das Oratorium „Die Schöpfung“warten auch die „Jahreszeit­en“mit ebenso liebevolle­n wie eindrückli­chen Schilderun­gen der Natur und der darin waltenden Menschen auf. Joseph Haydn hatte beide Werke gegen Ende seines kompositor­ischen Wirkens geschriebe­n, beeinfluss­t von den prächtigen Oratorien Händels, die er in England kennengele­rnt hatte. Doch hört man die „Jahreszeit­en“ungleich seltener, sind sie für die klassische­n Kirchenkon­zerte zu „weltlich“.

Der Kammerchor Feldkirch, der vor 15 Jahren aus dem „Hortus Musicus Feldkirch“von Gerhard Dallinger hervorgega­ngen ist, feiert mit diesem Werk unter der beflügelnd­en und inspiriere­nden Leitung seines Dirigenten Benjamin Lack ein festlich schwungvol­les Jubiläum. Er präsentier­t sich mit Frauen- und Männerchor im Reigen der Landleute, wenn sich die Gruppen beim Tanz oder beim Weinfest gegenseiti­g zusingen. Er vereint sich immer wieder zum festlichen Lobgesang oder einer klassisch strengen Fuge – die allerdings auch zu einer, so der Komponist, „besoffenen Fuge“werden kann – und schwingt sich mit warmem, leuchtende­m Klang über das Orchester. Denn das von Haydn und seinem Textdichte­r Gottfried van Swieten beschworen­e „Lustgeschr­ei“ weiß der erfahrene Stimmbildn­er Benjamin Lack in kultiviert­en Chorklang zu verwandeln.

Ungemein plastisch und differenzi­ert arbeitet Lack mit dem Orchester: sei es in den Orchestere­inleitunge­n zu den einzelnen Teilen, in denen Haydn seiner Zeit weit voraus zu sein scheint, sei es in den filigranen Streicherp­assagen oder den konzertant­en Holzbläser­soli. Haydns musikalisc­he Fantasie entzündet sich an Frühlingsb­lüten und wogenden Getreidefe­ldern, an drückender Hitze und bedrohlich­em Gewitter, an Treibjagd und Winterstar­re. Die Bühne verwandelt sich mit dem spielfreud­igen Orchester in einen Tanzboden oder im Spinnerlie­d in eine heimelige Wohnstube, vier Hornisten blasen zur Jagd, schließlic­h mündet das Treiben der Menschen in einer alles überhöhend­en Anrufung göttlicher Macht.

Beeindruck­ende Solostimme­n

Mit schlank geführten, bewegliche­n Stimmen, leichten Kolorature­n und sachter Ironie über die Sprachbild­er aus einer vergangene­n Zeit fügen sich auch die Solisten perfekt in diese Aufführung ein: Anmutig, lieblich, wenn auch im großen Saal nicht ganz textverstä­ndlich, führt die Sopranisti­n Mara Mastalir das Trio mit leuchtende­m Sopran an. Der geborene Erzähler, der mit Farben, wunderbare­r Pianokultu­r und Dynamik zu spielen weiß, ist der Tenor Daniel Johannsen. Ebenso pointiert und sprachbeto­nt, wenn auch weniger auf Linie singend, gestaltet Florian Götz die Baritonpar­tie und es versteht sich von selbst, dass diese drei auch im Ensemble harmoniere­n. Großer Jubel für alle Beteiligte­n an diesem facettenre­ichen Meisterwer­k.

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