Besoffene Fugen in strahlendem Chorklang
Haydns Oratorium „Die Jahreszeiten“begeistert im Festspielhaus Bregenz
- Beim vierten Abo-Konzert des Symphonieorchesters Vorarlberg (SOV) erlebte man unter der Leitung von Benjamin Lack wunderbar farbenreiche Aufführungen von Joseph Haydns „Die Jahreszeiten“im Zusammenwirken von Orchester, Kammerchor Feldkirch und drei überzeugenden Solisten.
Ähnlich wie das Oratorium „Die Schöpfung“warten auch die „Jahreszeiten“mit ebenso liebevollen wie eindrücklichen Schilderungen der Natur und der darin waltenden Menschen auf. Joseph Haydn hatte beide Werke gegen Ende seines kompositorischen Wirkens geschrieben, beeinflusst von den prächtigen Oratorien Händels, die er in England kennengelernt hatte. Doch hört man die „Jahreszeiten“ungleich seltener, sind sie für die klassischen Kirchenkonzerte zu „weltlich“.
Der Kammerchor Feldkirch, der vor 15 Jahren aus dem „Hortus Musicus Feldkirch“von Gerhard Dallinger hervorgegangen ist, feiert mit diesem Werk unter der beflügelnden und inspirierenden Leitung seines Dirigenten Benjamin Lack ein festlich schwungvolles Jubiläum. Er präsentiert sich mit Frauen- und Männerchor im Reigen der Landleute, wenn sich die Gruppen beim Tanz oder beim Weinfest gegenseitig zusingen. Er vereint sich immer wieder zum festlichen Lobgesang oder einer klassisch strengen Fuge – die allerdings auch zu einer, so der Komponist, „besoffenen Fuge“werden kann – und schwingt sich mit warmem, leuchtendem Klang über das Orchester. Denn das von Haydn und seinem Textdichter Gottfried van Swieten beschworene „Lustgeschrei“ weiß der erfahrene Stimmbildner Benjamin Lack in kultivierten Chorklang zu verwandeln.
Ungemein plastisch und differenziert arbeitet Lack mit dem Orchester: sei es in den Orchestereinleitungen zu den einzelnen Teilen, in denen Haydn seiner Zeit weit voraus zu sein scheint, sei es in den filigranen Streicherpassagen oder den konzertanten Holzbläsersoli. Haydns musikalische Fantasie entzündet sich an Frühlingsblüten und wogenden Getreidefeldern, an drückender Hitze und bedrohlichem Gewitter, an Treibjagd und Winterstarre. Die Bühne verwandelt sich mit dem spielfreudigen Orchester in einen Tanzboden oder im Spinnerlied in eine heimelige Wohnstube, vier Hornisten blasen zur Jagd, schließlich mündet das Treiben der Menschen in einer alles überhöhenden Anrufung göttlicher Macht.
Beeindruckende Solostimmen
Mit schlank geführten, beweglichen Stimmen, leichten Koloraturen und sachter Ironie über die Sprachbilder aus einer vergangenen Zeit fügen sich auch die Solisten perfekt in diese Aufführung ein: Anmutig, lieblich, wenn auch im großen Saal nicht ganz textverständlich, führt die Sopranistin Mara Mastalir das Trio mit leuchtendem Sopran an. Der geborene Erzähler, der mit Farben, wunderbarer Pianokultur und Dynamik zu spielen weiß, ist der Tenor Daniel Johannsen. Ebenso pointiert und sprachbetont, wenn auch weniger auf Linie singend, gestaltet Florian Götz die Baritonpartie und es versteht sich von selbst, dass diese drei auch im Ensemble harmonieren. Großer Jubel für alle Beteiligten an diesem facettenreichen Meisterwerk.