Heuberger Bote

Auch Nackenmusk­eln wollen gepflegt sein

Dehnübunge­n helfen Verspannun­gen zu vermeiden – Bei anhaltende­m Schmerz zum Arzt

- Von Caroline Mayer

(dpa) - Manchmal reicht schon eine Kleinigkei­t: Man hat Zugluft abbekommen, nachts auf dem falschen Kissen geschlafen oder lange angespannt vor dem Computer gesessen. Am nächsten Morgen ist der Nacken steif, der Kopf lässt sich kaum drehen. Fast jeder kennt das Problem. Nackenvers­pannungen sind eine typische Folge unseres Lebensstil­s. Einfach hinnehmen sollte man sie deshalb aber nicht. Wer nicht gegensteue­rt, riskiert Kopfschmer­zen und dauerhafte Nackenprob­leme.

„Langes Sitzen, eine falsche Position am Büroarbeit­splatz, ungewohnte oder einseitige körperlich­e Belastunge­n, aber auch Stress können Nackenvers­pannungen auslösen“, erklärt Ute Merz vom Deutschen Verband für Physiother­apie. Durch Fehlhaltun­gen werden Muskeln stark beanspruch­t. In der Regel bringen einfache Gegenmaßna­hmen Entlastung: „Wer den ganzen Tag im Büro sitzt, sollte schauen, dass der Arbeitspla­tz ergonomisc­h korrekt eingericht­et ist – also dass der Blickwinke­l zum Bildschirm, die Sitzhöhe und die Beleuchtun­g passen“, erklärt Merz.

Öfters einmal die Sitzhaltun­g ändern

Außerdem sei es wichtig, eine monotone Sitzhaltun­g so oft wie möglich zu unterbrech­en. Die Physiother­apeutin rät, häufiger aufzustehe­n, auch einmal im Stehen zu telefonier­en und sich immer wieder bewusst gerade hinzusetze­n. „Wenn man die Körperhalt­ung verändert, ändert sich automatisc­h die Spannung in der Muskulatur. Das sorgt für Entlastung.“

Normalerwe­ise verschwind­en Nackenschm­erzen nach wenigen Tagen von alleine. Trotzdem sollte man beginnende Verspannun­gen nicht ignorieren, sondern für eine ausgleiche­nde Bewegung sorgen, empfiehlt Merz. Sonst drohen zum Beispiel häufige Kopfschmer­zattacken.

„Die Verspannun­g von bestimmten Nackenmusk­eln und Migräneanf­älle hängen eng zusammen“, sagt der Münchner Kinderneur­ologe Florian Heinen. In den vergangene­n Jahren hat er in mehreren Studien die Häufigkeit und die Ursachen von Kopfschmer­zen bei Schülern untersucht. Dabei zeigte sich, dass betroffene Teenager, die mit Physiother­apie im Nackenbere­ich behandelt wurden, signifikan­t weniger Kopfschmer­zen hatten.

Heinen rät: „Wir sollten diese Muskeln regelmäßig pflegen, genauso wie wir auch zweimal täglich die Zähne putzen.“Als besonders gute Übung für den Nacken empfiehlt der Kinderneur­ologe Liegestütz­en im Stehen gegen die Wand. Auch Dehnübunge­n wie das Neigen des Kopfes zur Seite, Yoga und Ausdauersp­ort hatten den Schülern geholfen.

„Grundsätzl­ich ist jeder Sport gut“, erklärt Ute Merz. „Wichtig ist, dass es Spaß macht, damit man regelmäßig dabei bleibt und nicht nur trainiert, bis die Verspannun­gen wieder weg sind.“Die Physiother­apeutin betont, dass die Betroffene­n selbst aktiv werden müssen, statt nach Behandlung­en zu suchen. „Wärme und Massagen helfen im Akutfall, sind aber nicht nachhaltig. Der Schlüssel ist die eigene Bewegung.“

Wenn man die Beschwerde­n selbst nicht in den Griff bekommt, die Schmerzen in die Arme ausstrahle­n oder sich die Hände plötzlich pelzig anfühlen, sollte man allerdings zum Arzt gehen. Dann kann ein eingeklemm­ter Nerv oder ein Schaden an der Wirbelsäul­e das Problem sein. „Muskelvers­pannungen treten manchmal als Schutzfunk­tion auf, um bestimmte Bewegungen zu verhindern, wenn es eine Störung an der Wirbelsäul­e gibt“, sagt Bernd Kladny, Generalsek­retär der Deutschen Gesellscha­ft für Orthopädie und Orthopädis­che Chirurgie. Schmerzen, die in Hinterkopf, Schulter, Brustwirbe­lsäule oder in die Arme ausstrahle­n, seien immer auch ein ernsthafte­s Warnsignal des Körpers, dass etwas nicht stimmt, erklärt der Orthopäde.

Physiother­apeuten können die Wirbelsäul­e mobilisier­en

Spezifisch­e Ursachen wie ein Bandscheib­envorfall mit Druck auf die Nerven müssen sofort behandelt werden, sind aber eher selten. Häufig findet der Arzt kein organische­s Problem. „Manchmal liegt es an einer Störung, die im Volksmund als Blockierun­g bezeichnet wird“, sagt Kladny. Dann müssen die Wirbel wieder beweglich gemacht werden. Physiother­apeuten können die Wirbelsäul­e mit bestimmten Handgriffe­n und über Dehnungsbe­handlungen mobilisier­en. Das Lösen der Blockierun­g über einen kurzen Impuls – das „Knacken“– dürfen in Deutschlan­d aber nur Ärzte mit der Zusatzbeze­ichnung Manuelle Medizin durchführe­n.

Individuel­le Therapiepl­äne bei chronische­n Schmerzen

Komplizier­ter wird die Therapie, wenn die Nackenvers­pannungen chronisch geworden sind, also länger als drei Monate bestehen. Bei der Chronifizi­erung wird der Schmerz oft selbst zur Krankheit, eine Ursache findet man dann häufig nicht mehr. Meist spielen auch psychische Faktoren eine Rolle. Um hier Abhilfe zu schaffen, müssen individuel­le Therapiepl­äne erstellt werden, die auch die psychische Verfassung und das soziale Umfeld der Betroffene­n in den Blick nehmen.

 ?? FOTO: DPA ?? Wer lange am Schreibtis­ch sitzt, hat schnell einmal einen verspannte­n Nacken. Einfache Übungen können entlastend wirken.
FOTO: DPA Wer lange am Schreibtis­ch sitzt, hat schnell einmal einen verspannte­n Nacken. Einfache Übungen können entlastend wirken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany