Schnell am Limit
MotoGP-Pilot Jonas Folger überrascht bei letzten Tests
(SID/sz) - Schon lange liegt Flutlicht über dem Fahrerlager. Es geht Richtung Mitternacht, erst jetzt ist der Arbeitstag von Jonas Folger zu Ende. „Ich bin bereit. Es ist Zeit loszulegen“, sagt der Neue, als es zur Schlafenszeit in Katar im Halbdunkel hinter der Box darum geht, den starken Auftritt beim letzten Test vor dem Start in seine erste MotoGP-Saison einzuordnen. Folger hat die Erwartungen weit übertroffen.
Auf dem Losail Circuit, knapp 30 Kilometer nördlich von Doha im Nichts gelegen, hat der 23-Jährige aus Mühldorf/Inn bestätigt, dass mit ihm in der hubraumstärksten, spektakulärsten Motorrad-WM-Kategorie zu rechnen sein wird. Wie zuletzt auf Phillip Island war er vorn dabei, unter den Allerbesten. Folger fuhr zwei Wochen vor dem Saisonauftakt an gleicher Stelle (26. März, 20 Uhr MEZ) sogar schneller als Weltmeister Marc Márquez aus Spanien. Regelmäßig.
„Niemand hat erwartet, dass er auf einem so hohen Level unterwegs sein würde“, sagt Nicolas Goyon, CrewChief des Yamaha-Piloten beim französischen Tech3-Rennstall, und lobt die erste Schritte des Oberbayern in der neuen Umgebung. Doch bislang wurde nur getestet. „Die Rennen zählen“, weiß Goyon: erst mal abwarten!
In der Wüste wird hart daran getüftelt, Fahrer und Maschine flottzumachen. Folger hat dabei viel ManPower im Rücken. Goyon ist ausschließlich für ihn zuständig, auch ein eigener Dateningenieur und drei Mechaniker stehen dem Oberbayern zur Verfügung. Die Arbeit im Team ist strikt getrennt, Folgers französischer Teamkollege Johann Zarco, der Moto2-Weltmeister, hat auch seine Leute. Sieben Stunden stehen sie täglich zur Verfügung. Ausgenutzt wird die volle Trainingszeit nie. Punkt 16 Uhr geht die Boxengasse auf, doch erst nach 18 Uhr, wenn es langsam dunkel wird, öffnen sich die meisten Garagen. Beim Großen Preis von Katar wird abends gefahren, „deshalb testen wir nicht am Tag“, sagt Goyon. Es geht auch darum, den Ernstfall zu simulieren.
Handverlesene 58 Zuschauer sitzen am Samstag auf der Haupttribüne, als Folger loslegt. Nur die MotoGP-Klasse ist da, die Atmosphäre ist familiär; an der Strecke ist, ganz anders als an Rennwochenenden, kaum etwas los. Beste Bedingungen, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Jonas Folger will nach seinem Aufstieg aus der Moto2 in die Königsklasse Spuren hinterlassen.
Das Material ist top, nur die großen Werksteams sind besser aufgestellt. „Die Yamaha passt zu mir. Ich mag das Bike, ich kann schnell ans Limit gehen“, sagt Folger, der beim TestAuftakt Sechster, am Samstag sogar Dritter und zum Abschluss am Sonntag Siebter war: „Astrein. Ich habe mich richtig schnell eingeschossen. Jedes Mal, wenn wir rausgehen, machen wir einen Fortschritt.“
Natürlich sind die Erfahrungen aus der Vorbereitung mit Vorsicht zu genießen. Doch die Stimmung im Team ist gut, Probleme gibt es kaum – und wenn, dann sind es Kleinigkeiten.
Auf die Frage, wie seine Reaktion ausgefallen wäre, wenn er vorher gewusst hätte, wie es in Katar läuft, antwortete Jonas Folger: „Da hätte ich mit dem Kopf geschüttelt. Wir haben von A bis Z alles durchprobiert und abgearbeitet, was wir uns vorgenommen hatten. Am Ende haben wir jeden Punkt erfolgreich gemeistert.“