Amateure fühlen sich im Stich gelassen
Nach Steueraffäre droht dem DFB Ungemach durch die Fußball-Basis – Kupka treibende Kraft
- Eigentlich habe er nur wenig Zeit, meint Engelbert Kupka am Telefon. Wir müssten uns also beeilen, höchstens zehn Minuten, er habe viel zu erledigen, so der ehemalige Präsident der SpVgg Unterhaching. Aber dann wird es doch ein längeres Gespräch, zu sehr beschäftigen ihn das Thema und die Ungerechtigkeiten. Klar ist nur eins: Es brodelt bei den Amateurvereinen. Konkreter Auslöser ist auch die Verlängerung des Grundlagenvertrages zwischen Deutschem Fußball-Bund (DFB) und Deutscher Fußball Liga (DFL) bis 2023. Dieser regelt nicht nur das Miteinander von Amateurund Profibereich, sondern unter anderem auch die Verteilung der Fernsehgelder. Die Amateure fühlen sich im Stich gelassen. Den Vertretern in Frankfurt gehe es meist nur um die Profis. Und damit hat der DFB nun ein zweites großes Problem.
Zusätzlich zu der WM-Affäre um und die drohende Steuernachzahlung bis zu 25 Millionen Euro, gibt es nun einen weiteren großen Unruheherd, der den Verband noch weitaus tiefer in die Krise stürzen könnte. Jahrelang schwieg die Basis des Fußballs, nahm Ränkespiele an der Spitze und geringe Finanzaufwendungen stoisch hin, doch nun ist anscheinend die Schmerzgrenze erreicht.
Aus diesem Grund hat Kupka Ende Januar das Aktionsbündnis „Rettet die Amateurvereine“ins Leben gerufen, zu dessen Gründungmitgliedern 30 meist bayerische Vereine bis hinauf zur 3. Liga gehörten. Unterstützung erhält er auch durch Rein- hold Gall, Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg und ehemaliger Innenminister des Landes.
Nun soll der DFB unter Druck gesetzt werden. Vor allem kritisiert der Ehrenpräsident der SpVgg, dass es im DFB eine geschlossene Gesellschaft ohne Streitkultur gebe, die Amateure keine Stimme hätten und die Bedingungen des Grundlagenvertrages den Amateuren aufdiktiert seien. „In welcher Form sehen der DFB und die DFL diese Solidarität mit dem gemeinnützigen Fußball verwirklicht und in welcher Weise wird dessen gesellschaftlicher Bedeutung Rechnung getragen, wenn von ca. 1,5 Mrd. Euro Gesamteinnahmen pro Saison über 1,4 Mrd. Euro den 36 Profivereinen“und nur 45 Millionen den etwa 26 000 Amateurvereinen zur Verfügung gestellt werden?, heißt in einem Brief an DFBPräsident Reinhard Grindel, den Kupka verfasst hat. 45 Millionen Euro, das sind die vertraglich festgeschriebenen – und für Kupka viel zu geringen – drei Prozent, die die DFL an den DFB abzuführen hat.
„Die Amateure sind der größte Bettelorden Deutschlands, die Schere zu den Profis öffnet sich immer mehr“, so Kupka. Auch die 3. Liga sei ein Thema. „Es ist, als ob da ein Kind in die Welt gesetzt wurde, und nun wird sich versucht, um die Alimente zu drücken.“Doch selbst Kupka glaubt nicht, dass er jemals Antwort auf seinen Brief erhält. „Grindel fühlt sich beleidigt, weil ich angeblich so scharf vorgehe und wenn man die Leute an einem wunden Punkt trifft, wehrt sich das ganze System.“Vielleicht würden sie irgendwann zu Gesprächen eingeladen. „Aber dann wird viel geredet und sonst nichts.“
Vor allem stößt dem 78-Jährigen die Verlängerung des Grundlagenvertrages auf. „Mit diesem Trick versucht man eine Änderung zu verhindern. Man hat öffentlich kundgetan, die Zustimmung der Amateure sei eine reine Formsache, ohne sie über die Konsequenzen aufzuklären.“
Enttäuschung ist zu spüren, wenn Kupka über Grindel spricht, der eigentlich die Amateure vertreten sollte. „Er sich hat von Reinhard Rauball (DFL-Präsident, d. Red.) wegen seiner Wiederwahl unter Druck setzen lassen. Wenn die DFL Streit mit den Amateuren sucht, dann muss man ihn führen und weitersehen. Es scheint, als ob die Satzungen und Regeln gedehnt werden, wie man sie haben möchte. Die Amateure fühlen sich verarscht und bekommen ja nicht einmal die festgeschriebenen drei Prozent“, verdeutlicht er.
Doch gehe es dem Aktionsbündnis nicht ausschließlich ums Geld. „Die Abrechnung ist aber etwas Messbares. Wenn es nur noch heißt: Wir machen, was wir wollen, dann ist das nicht mehr demokratisch und nicht mehr mein DFB.“
„Mittlerweile haben sich über 90 Vereine aus allen Landesverbänden angeschlossen. Unsere FacebookSeite haben bis heute über 1200 Personen geliked, tägliche bekomme ich Briefe, nirgendwo gibt es Äußerungen, die die Aktion als falsch, unangebracht oder überflüssig einstufen würden“, erzählt Kupka.
Kupka weiß, dass es schwer wird, etwas zu erreichen. „An der Gesinnung des Systems wird sich nichts ändern, aber vielleicht schaffen wir es zu demokratisieren und dass sich das Führungsgremium der Amateure dafür einsetzt, für das es gewählt wurde.“Ansonsten sieht Kupka die Gefahr, dass das Ehrenamt weiter zurückgehe und die Amateurvereine weiter schwinden. 16 000 Mannschaften seien schon abgemeldet worden, viele würden in wilde Ligen ausweichen. „Wir tragen den Sport, und was wäre auch der Profi-Fußball ohne die kleinen Leute?“
Und schließlich sei es ein Gebot der Stunde, dass die Vereine von steigenden Gebühren, bürokratischem Aufwand und höheren Strafzahlungen verschont werden. Doch Kupka weiß selbst am besten, dass sein Wirken nur der Anfang sein kann: „Ich habe mit der Aktionsgemeinschaft nun den Weg gezeigt, doch gehen müssen die Vereine ihn selber.“