„Horrorszenarien entbehren jeder Grundlage“
Baden-Württemberg fürchtet bei Niederlage in Kartellstreit Ausverkauf des Waldes – Doch ein Bayer gibt Entwarnung
- Baden-Württemberg droht am heutigen Mittwoch eine Niederlage vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Gegenstand des Kartellverfahrens ist die Landesbehörde ForstBW. Unterliegt das Land im Verfahren gegen das Bundeskartellamt, dürften staatliche Förster nicht mehr die Holzvermarktung und Bewirtschaftung privater und kommunaler Wälder erledigen. Waldbesitzer im Südwesten fürchten geringere Erlöse für ihr Holz. Zu unrecht, wie Josef Ziegler findet. Er ist ebenfalls Waldbesitzer – aber in Bayern, wo das Holz schon längst nicht mehr zentral vom Staat vermarktet wird. Warum das kein Nachteil ist, erklärt der Präsident des Bayerischen Waldbesitzerverbands im Gespräch mit Katja Korf.
Es gibt in Baden-Württemberg Befürchtungen, die Privatisierung könnte zu einem Raubbau am heimischen Wald führen. Wie sind da Ihre Erfahrungen in Bayern?
Ich verstehe, wenn Menschen Angst vor Veränderungen haben. Aber die Vorstellung, es würde nach einer Privatisierung Raubbau-Kapitalismus in den Forst einziehen, ist an den Haaren herbeigezogen. Das sind Horrorszenarien, um die Ängste der Betroffenen weiter zu schüren. Aber sie entbehren jeder Grundlage. Das zeigen die Wälder in Bayern. Die Waldbesitzer gehen sehr verantwortungsvoll mit ihren Wäldern um.
Warum halten Sie die Mahnungen von Naturschützern und Förstern für übertrieben?
Bei uns gab es 2004 bei der Forstreform ähnliche Befürchtungen. Ich kann da aus den Erfahrungen in Bayern Entwarnung geben. Die Waldbesitzer sind bei der Nutzung sehr zurückhaltend. Sie achten auf ihr Eigentum. Oft sind sie diejenigen, die weniger Holz ernten wollen, als möglich und sinnvoll wäre. Ein einseitiges Streben nach Gewinnmaximierung, das die Wälder schädigt, gibt es nicht. Solche Befürchtungen sind außerdem durch die Erfahrungen in anderen Bundesländern widerlegt. Das zeigen auch die Ergebnisse der Bundeswaldinventur, bei der der Bund den Zustand der Wälder erfasst hat. Daneben haben wir in Deutschland umfassende rechtliche Vorgaben zur Waldbewirtschaftung. Hinzu kommt, dass unsere Wälder öffentliche Produktionsstätten sind: Jeder darf sie betreten, jede Veränderung ist sofort Gegenstand einer öffentlichen Debatte. Außerdem werden sie von hoheitlichen Stellen kontrolliert. Und noch etwas: In Baden-Württemberg sind 82 Prozent der Wälder PEFC-zertifiziert. Es gibt also eine freiwillige flächendeckende Selbstverpflichtung der Eigentümer zur Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards. Der Erfolg wird von unabhängigen Kontrollen immer wieder bestätigt.
Kleine Waldbesitzer fürchten, sie würden sich ohne staatliche Unterstützung schwer tun mit der Holzvermarktung. Was sagen sie dazu?
Seit den 1960er-Jahren haben sich in Bayern Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse gegründet. Dies wurde auch gefördert. Dadurch wird jedem Waldbesitzer ein Zugang zum Markt ermöglicht. Waldbewirtschaftung hängt stark von regionalen Gegebenheiten ab. Und wie so oft können die Dinge vor Ort besser in Eigenverantwortung geregelt werden, als von einer zentralen Verwaltung. In Bayern gibt es staatliche Zuschüsse für Projekte der Forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse, wie zum Beispiel für die Holzvermarktung. Je kleiner und ungünstiger dabei die Besitzstruktur, umso höher ist die finanzielle Unterstützung des Staates.
Welche Rahmenbedingungen sollte es geben, damit die Privatisierung gelingt?
Ich bin weit davon entfernt, Ratschläge zu geben. Historische gewachsene Strukturen lassen sich nicht eins zu eins auf andere Länder übertragen. Fakt ist aber: Die Forstund Holzwirtschaft ist ein Markt mit Tausenden Jobs und Milliardenumsätzen. Sie muss sich konform zum Wettbewerbsrecht organisieren wie jede andere Branche auch. Es geht es nicht um Privatisierung, es geht darum, dass bei Bewirtschaftung und Vermarktung ein fairer Wettbewerb möglich ist.