Heuberger Bote

Österreich­s Innenminis­ter plant Beschränku­ng des Versammlun­gsrechts

Koalition in Wien will Wahlkampfa­uftritte ausländisc­her Politiker gesetzlich verbieten – ÖVP möchte zudem Demonstrat­ionen erschweren

- Von Rudolf Gruber

- In Österreich sprechen sich alle Parteien für ein Verbot der Wahlkampfa­uftritte türkischer Politiker aus. Dennoch hat sich die rotschwarz­e Koalition in Wien über dieses Thema heillos verkracht.

Die radikalste­n Vorschläge kommen nicht von der rechten Freiheitli­chen Partei (FPÖ), die sich in den letzten Jahren als schärfste Türkenkrit­ikerin profiliert hat. Diese Position will ihr jetzt Innenminis­ter Wolfgang Sobotka von der ÖVP mit einer neuen Gesetzesvo­rlage streitbar machen. Der konservati­ve Scharfmach­er gefällt sich in der Rolle eines Alpen-Erdogan, der bereit ist, jederzeit Bürgerrech­te zu beschneide­n – angeblich nur aus redlichen Motiven: „Ich möchte, dass Österreich das sicherste Land der Welt ist.“

Im Konflikt der EU-Staaten mit der Türkei begnügt sich Sobotka nicht mit einem schlichten Verbot: Der Innenminis­ter will die Gelegenhei­t nutzen, auch das Versammlun­gsrecht für seine Landsleute drastisch einzuschrä­nken und zugleich seine Machtbefug­nisse auszuweite­n. So sollen künftig „aus Sicherheit­sgründen“generell Demonstrat­ionen an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten untersagt werden können - und zwar auf Anweisung des Innenminis­teriums. Außerdem sollen die Initiatore­n von Straßenpro­testen für Schäden durch Demonstran­ten haftbar gemacht werden und hohe Verwaltung­sstrafen aufgebrumm­t bekommen.

Sobotka rückt keinen Millimeter von seinem geplanten Gesetz ab, das Kanzler Christian Kern (SPÖ) für „völlig ungeeignet“hält, weil derlei Einschränk­ungen gegen die Landesverf­assung und das Europarech­t verstoßen würden. Der Gegenvorsc­hlag der SPÖ beschränkt sich auf einen Zusatz im Demonstrat­ionsrecht, wonach Wahlkampfa­uftritte ausländisc­her Politiker in Österreich verboten werden sollen, „die den außenpolit­ischen Interessen, anerkannte­n internatio­nalen Rechtsgrun­dsätzen und Verpflicht­ungen der Republik Österreich“zuwiderlau­fen.

„Gefährder der Verfassung“

Sobotka genügt das aber nicht. Er beruft sich auf Terrorgefa­hren, für die Österreich schlecht gewappnet sei. „Sobotka ist der größte Gefährder der Verfassung“, spottet Peter Pilz, Sicherheit­ssprecher der Grünen. Nach Meinung vieler Experten reichen geltende Gesetze aus, es bedürfe also keiner „Lex Erdogan“. Protestmär­sche von Türken könnten jederzeit aus Sicherheit­sgründen verboten werden. Zuletzt wurden in vier Orten, darunter in der oberösterr­eichischen Landeshaup­tstadt Linz und im vorarlberg­ischen Hörbranz, geplante Veranstalt­ungen türkischer Politiker untersagt.

Die Lage in Österreich ist nicht so gespannt wie in Deutschlan­d oder den Niederland­en. Doch macht sich Kern keine Illusionen: „Ich gehe davon aus, dass die türkische Seite dieses Spiel auch in Österreich fortsetzen könnte“, sagte er in einem Interview. Insgeheim wünscht man sich, Präsident Erdogan würde erst gar nicht nach Wien kommen, um für sein Referendum zu werben.

Die türkischen Verbände in Österreich sind zuletzt unter Verdacht geraten, verlängert­er Arm für das Erdogan-Regime zu sein. So deckte der Grünenpoli­tiker Pilz kürzlich auf, dass regelmäßig Namenslist­en von Erdogan-Gegnern in Österreich nach Ankara übermittel­t werden.

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FOTO: DPA Besorgt um Österreich­s Sicherheit: Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (re.), hier bejubelt beim Politische­n Aschermitt­woch in Passau.

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