Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen ist „ein Marathon“
D ie Integration von Hunderttausenden Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt steht laut Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) „erst am Anfang“. Mittlerweile erhielten rund 400 000 Flüchtlinge mit geklärtem Aufenthaltsstatus Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II, sagte Nahles bei einer Konferenz zur Flüchtlingsintegration in Berlin. Die Betroffenen sind also beschäftigungslos. Sie absolvierten zunächst Sprach- und Integrationskurse, sagte Nahles.
Die OECD stellt Deutschland überwiegend gute Noten bei der Jobmarktintegration von Flüchtlingen aus. Die Verteilung sollte sich aber stärker an den örtlichen Arbeitslosenquoten ausrichten, so die OECD in einer Studie, die auf der Konferenz vorgestellt wurde. Zwei von drei Flüchtlingen mit Jobs sind laut einer Arbeitgeberumfrage im Rahmen der OECD-Studie bisher in Arbeitsstellen für Niedrigqualifizierte untergekommen. Allerdings sieht jeder zweite Arbeitgeber die Flüchtlinge künftig eher im mittleren, 15 Prozent sehen sie im hoch qualifizierten Bereich.
Mehr als 80 Prozent zeigten sich zufrieden mit der Leistung der Flüchtlinge, wie eine Umfrage der Industrieund Handelskammern bei mehr als 2000 Arbeitgebern ergab. „Die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen bleibt ein Marathon“, sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Wenn sie aber gelinge – „was ist das für eine Chance für die Menschen und für unser Land!“Kramer forderte, bei der Jobmarktintegration keinen Weg zu versperren. „Wenn Zeitarbeit eine Teillösung sein kann, müssen wir diese auch öffnen“, sagte er. Nötig sei es auch, für Geflüchtete flächendeckend die Vorrangprüfung aufzuheben, nach der geprüft wird, ob eine Stelle von Deutschen besetzt werden kann.
Kramer forderte eine ausgeweitete Schulpflicht für junge Flüchtlingskinder und auch eine Erleichterung von Schulbesuchen für Über-18-Jährige jenseits der deutschen Schulpflicht.
Nahles sagte, Flüchtlinge als Gefahr für das Land zu sehen, habe „mit der Wirklichkeit nichts zu tun“. In Deutschland herrsche Rekordbeschäftigung, in die Sozialkassen flössen Rekordeinnahmen. Dennoch würden Hass, Angst und Ressentiments geschürt. „Wir müssen vor allem Lösungen anbieten, und wir können das auch“, sagte Nahles.
In Bayern ist es 2016 gelungen, mehr als 60 000 Flüchtlinge in eine Ausbildung, in Praktika oder eine berufliche Beschäftigung zu vermitteln. Das gab die Staatskanzlei in München bekannt. Das Ziel der Initiative „Integration durch Ausbildung und Arbeit“, 20 000 Flüchtlinge bis Ende 2016 zu vermitteln, sei um das Dreifache übertroffen worden, sagte Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU).
Lucha ist optimistisch
Die baden-württembergische Landesregierung will bei der Integrationsministerkonferenz der Länder am Donnerstag und Freitag in Friedrichshafen dafür werben, dass mehr Flüchtlinge eine Ausbildung und einen Arbeitsplatz im Pflegebereich bekommen. Ein Antrag sieht vor, dass Auszubildende in Helferberufen während der einjährigen Ausbildungsdauer und einer anschließenden Tätigkeit in dem Beruf nicht abgeschoben werden können. Bislang gilt dies nur für qualifizierte zweijährige Ausbildungsberufe. Der Vorsitzende der Konferenz, Integrationsminister Manne Lucha (Grüne), ist optimistisch, die Zustimmung der anderen Länder für diese Pläne zu bekommen. (dpa/KNA)