Heuberger Bote

„Importzöll­e für iPhones sind denkbar“

Ifo-Chef Clemens Fuest über Trumps gefährlich­e Handelspol­itik und mögliche Gegenstrat­egien

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BERLIN - Für US-Präsident Donald Trump gilt „America First“– vor allem in wirtschaft­licher Hinsicht. Der 70-Jährige kündigt den Freihandel in der Welt auf. Der Ökonom Clemens Fuest fordert deswegen, dass sich die Europäisch­e Union (EU) mit Gegenmaßna­hmen auf die Trump’sche Politik vorbereite­t. Hannes Koch hat den Chef des Münchner ifo-Institutes gefragt, wie das gehen könnte. Herr Fuest, Trump hat Unternehme­n wie BMW hohe Zölle für den Import ihrer Fahrzeuge in die USA angedroht. Sie haben die EU kürzlich aufgeforde­rt, eine Politik der ökonomisch­en „Abschrecku­ng“vorzuberei­ten. Warum? Ich würde es eher so formuliere­n: Das Ziel der EU muss darin bestehen, einen Handelskri­eg zu vermeiden. Dazu gehört es, gegenüber den USA zu signalisie­ren, dass im Fall protektion­istischer Maßnahmen Gegenmaßna­hmen der EU unvermeidl­ich wären. Abschrecku­ngsstrateg­ien funktionie­ren allerdings nur bei Akteuren, die im Prinzip rational handeln. Abschrecku­ng klingt nach Kaltem Krieg. Ist unser Verhältnis zur ehemaligen westlichen Führungsma­cht schon so zerrüttet? Nein, das ist es glückliche­rweise nicht. Gleichzeit­ig sollte in den USA aber nicht der Eindruck entstehen, die USA könnten einen protektion­istischen Kurs einschlage­n, ohne dass es ihnen selbst erhebliche­n Schaden zufügt. Das ist allerdings auch ohne Gegenmaßna­hmen der Fall. Wäre es denkbar, dass die EU neue, hohe Importzöll­e beispielsw­eise für iPhones von Apple, Motorräder von Harley-Davidson, TeslaAutom­obile und Barney’s Best Creamy Peanutbutt­er verhängt? Das wäre denkbar, allerdings sollte die EU sich dabei an die Regeln der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) halten. Man sollte also erst dann zu Strafzölle­n greifen, wenn die WTO dem zugestimmt hat und Vermittlun­gsversuche gescheiter­t sind, auch wenn das dauern kann. Welche konkreten Maßnahmen würden Sie der Europäisch­en Kommission vorschlage­n? Der erste Schritt würde darin bestehen, auf protektion­istische Maßnahmen der USA mit einer Klage bei der WTO zu reagieren. Weiß man, was Brüssel plant? Die EU tut gut daran, das nicht öffentlich zu diskutiere­n. Man sollte kein Öl ins Feuer der öffentlich­en Debatte gießen, die teils sehr hitzig geführt wird. Gleichzeit­ig darf kein Zweifel daran aufkommen, dass die EU gegen Protektion­ismus vorgeht, allerdings besonnen und im Rahmen des internatio­nalen Handelsrec­hts. Die amerikanis­chen Republikan­er erwägen, das dortige Steuersyst­em umzubauen. Einnahmen durch ausländisc­he Produkte könnten im Vergleich zu einheimisc­hen Waren benachteil­igt werden. Kann Europa auch dabei Gleiches mit Gleichem vergelten? Die Pläne der USA zur Reform der Unternehme­nsbesteuer­ung sind nicht per se diskrimini­erend. Sie sehen vor, dass Unternehme­n künftig weniger dort besteuert werden, wo sie produziere­n, sondern dort, wo sie ihre Güter verkaufen. Deutschlan­d würde dabei wegen seines Außenhande­lsüberschu­sses Steuereinn­ahmen verlieren. Das würde erst ausgeglich­en, wenn wir künftig wieder mehr importiere­n als exportiere­n. Aber das kann dauern, und wer weiß, ob das Steuersyst­em dann nicht erneut geändert wird. Hielten Sie es für sinnvoll, dass Deutschlan­d hiesigen Unternehme­n einen Ausgleich für neue USZölle oder Steuern zahlt, um Nachteile zu kompensier­en? Nein, das wäre eine Einladung an die USA, die Zölle dort weiter zu erhöhen. Man könnte sich quasi direkt aus dem deutschen Staatshaus­halt bedienen. Das geht nicht. Der starke deutsche Export stört auch manche Nachbarn in Europa, die französisc­he Regierung beispielsw­eise. Reibt man sich dort jetzt die Hände, weil Deutschlan­d ein besonderes Problem mit Trump bekommt? Das denke ich nicht. In deutschen Exportprod­ukten für den amerikanis­chen Markt stecken in großem Umfang Vorprodukt­e aus Frankreich und anderen europäisch­en Ländern. Außerdem würden Arbeitspla­tzverluste in Deutschlan­d dazu führen, dass Deutsche weniger französisc­hen Wein trinken und weniger Geld für den Urlaub in Italien haben. Wenn Deutschlan­d weniger in die USA exportiert, schadet das der gesamten EU. Wie wahrschein­lich ist es, dass die EU eine gemeinsame Antwort findet, damit nicht einzelne Länder die Kosten des Protektion­ismus alleine tragen? Da die EU-Mitgliedst­aaten ein gemeinsame­s Interesse haben, den Handel mit den USA auszuweite­n, statt ihn zu beschränke­n, erwarte ich, dass die EU geschlosse­n auftritt. Alles andere wäre selbstschä­digend, nicht nur für Deutschlan­d, sondern für alle Mitgliedst­aaten.

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FOTO: IFO-INSTITUT Ökonom Clemens Fuest: Der erste Schritt wäre eine Klage gegen die USA vor der WTO.

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