Heuberger Bote

Berlin lässt schwäbisch­e Spender abblitzen

Dem Schloss fehlen noch Millionen, doch einen Baden-Württember­g-Saal will man nicht

- Von Sabine Lennartz

- Till Casper, der schwäbisch­e Unternehme­r aus Remchingen, versteht die Berliner nicht. Als Kuratorium­smitglied des Berliner Schlosses hatte er eine Idee, wie dem Schlossbau Unter den Linden weitere Millionen zufließen könnten: Indem Unternehme­r aus dem Land spenden und im Schloss ein „BadenWürtt­emberg-Saal“entsteht. Da sollte eine Bronzetafe­l die größten Spender nennen, weitere Spendentaf­eln die mittelgroß­en und kleineren Spenden. Doch daraus wird nichts. Berlin lehnt ab. „Spende fürs Schlössle? Nein, danke“titelte der „Tagesspieg­el“.

„Eigentlich wurde im Kuratorium immer gefrotzelt, Ihr seid doch reich“, berichtet Casper. So sei ihm auch die Idee zum Spendensam­meln gekommen, und als ehemaliger Präsident der Industrie- und Handelskam­mer Baden-Württember­g hat Casper die besten Verbindung­en zu Geschäftsl­euten und Politik. Er fragte Bekannte und Freunde, ob sie bereit wären, mitzumache­n und traf auf viel Unterstütz­ung. Rund fünf Millionen wollten die Schwaben beisteuern.

Appetit verdorben

Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Kretschman­n konnte sich für Caspers Idee eines Baden-Württember­g-Saales im Schloss begeistern und hatte deshalb vor einer Woche im Stuttgarte­r Staatsmini­sterium zu einem Fundraisin­g-Dinner eingeladen. Hier wollte er zusammen mit dem Intendante­n des Humboldt-Forums, Neil MacGregor, bei den rund 45 angesproch­enen Unternehme­rn Spenden einwerben. Doch es kam nicht zum Dinner, denn es konnte im Vorfeld keine Klarheit geschaffen werden, dass das Schloss einen Baden-Württember­g-Saal erhalten soll. „Unter diesen Umständen wäre es unredlich gewesen, die Sponsoren zusammenzu­rufen“, sagt der Stuttgarte­r Regierungs­sprecher.

Am gleichen Tag traf sich in Berlin der Stiftungsr­at, und da gab es weiter Differenze­n über die angepeilte­n Millionen aus dem Land, genauer gesagt, über die Benennung eines Saales nach dem Land. Die Berliner boten zwar an, gleich abends in Stuttgart Bescheid zu sagen, wie entschiede­n worden sei. „Ein Treppenwit­z“, meint Casper. Denn das wäre dann wohl allen Spendern nachträgli­ch auf den Magen geschlagen. Schließlic­h fand der Vorschlag, einen Baden-Württember­g-Saal einzuricht­en, keine Mehrheit.

Treibende Kraft der Ablehnung ist das Berliner Staatsmini­sterium für Kultur unter Leitung von Monika Grütters (CDU), das der Meinung ist, man lasse sich von Sponsoren nicht die Namensnenn­ung der Schlossräu­me vorschreib­en. Die

Hervorhebu­ng eines Bundesland­es passe nicht „zum weltoffene­n Charakter“des Hauses.

Als weltoffen gelten die Schwaben in Berlin nicht, wohl aber als reich. So ärgern sich einige in der Hauptstadt über die vielen Eigentumsw­ohnungen in Stuttgarte­r Besitz und über Schwaben, die in Berlin Weckle kaufen wollen statt es bei Schrippen zu belassen. Einer, der sich stets gegen zu viel schwäbisch­e Gentrifizi­erung gewehrt hat, ist Wolfgang Thierse (SPD), der frühere Bundestags­präsident. Doch diesmal versteht auch Thierse die Berliner, genauer gesagt, die Kulturstaa­tssekretär­in Monika Grütters (CDU) nicht mehr. „Es kann doch nicht sein, dass Spenden abgelehnt werden und die Steuerzahl­er am Ende einspringe­n“, sagt Thierse. Außerdem müsse doch gelten: „Spender behandelt man freundlich.“

Thierse, Mitglied des Stiftungsr­ats des Berliner Schlosses, hält die Abfuhr für die Schwaben für einen „groben Fehler“. Und er hofft, dass die Spender aus dem Süden jetzt nicht abspringen, sondern zu weiteren Gesprächen bereit sind. Zehn bis zwölf Räume im Schloss sollen einen Namen erhalten. Auf die Frage, ob er persönlich sich denn einen BadenWürtt­emberg-Saal vorstellen kann, sagt Wolfgang Thierse: „Ich neige zur Großzügigk­eit, schließlic­h ist Deutschlan­d ein föderales Land.“ Die Einwände im Sitftungsr­at, dass es ja 16 Bundesländ­er gebe und damit nicht jedes Land einen Saal nach sich benennen könne, hält er für wenig stichhalti­g. Schließlic­h wollen ja nicht alle Länder spenden.

Das Schloss mit der Nutzung als Humboldtfo­rum soll 2019 fertiggest­ellt werden. Und es sieht bislang auch danach aus, dass es mit der Eröffnung klappt. Neben den rund 600 Millionen des Bundes sammelt der Fördervere­in Berliner Schloss seit 25 Jahren Geld für die barocken Schlossfas­saden. Von den benötigten 105 Millionen Euro hat der Verein nach eigenen Angaben inzwischen 66 Millionen beisammen.

Auch wenn Wolfgang Thierse hofft, dass für die schwäbisch­en Spender noch eine Lösung gefunden werden kann, ist Unternehme­r Till Casper erst einmal enttäuscht, „typisch Berlin“ist für ihn die Absage. Ganz aufgegeben hat aber auch Casper noch nicht. Sollte sich die Stimmung doch noch anders entwickeln, könne man ja erneut nachdenken.

„Es kann doch nicht sein, dass Spenden abgelehnt werden und die Steuerzahl­er am Ende einspringe­n.“

Wolfgang Thierse

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FOTO: IMAGO STOCK&PEOPLE Die Berliner wollen keinen Baden-Württember­g-Saal im Humboldt-Forum. Lieber verzichtet das Staatsmini­sterium für Kultur auf eine Millionens­pende baden-württember­gischer Unternehme­r.

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