Schmerzhaftes Abnabeln
Viel zu nah (ARD, Mi., 20.15 Uhr)
– Ein 18-Jähriger wird flügge, geht auf Distanz zu den Eltern. Das ist eine ganz normale Entwicklung. Das Normale ist aber kein Stoff für einen mitreißenden Film. Deshalb hat Drehbuchautorin und Regisseurin Petra Katharina Wagner diesen Emanzipationsprozess wohl im Polizeimilieu angesiedelt und mit Krimizutaten aufgepeppt.
Die Frankfurter Kripobeamtin Caro (Corinna Harfouch) ist eine erfolgreiche Ermittlerin. Als alleinerziehende Mutter gilt ihr ganzes Sorgen und Trachten ihrem Sohn Ben (nachvollziehbar verstockt: Simon Jensen). Zum Auftakt sieht man die beiden als eingespieltes Team beim Segeln. Doch mit dieser Vertrautheit ist schnell Schluss: Übermutter Caro beobachtet mit Argwohn Bens Freunde, die nicht ihrer Vorstellung von einem guten Umgang entsprechen. Ben scheint abzugleiten. Er nimmt Drogen, lügt und schockiert sie mit einer scheußlichen Gesichtsmaske. Als Caro bei der Videoauswertung eines Tankstellenüberfalls ihren Sohn zu erkennen glaubt, beginnt für sie ein Höllentrip. Einerseits soll sie Ermittlungen unterstützen, andererseits fürchtet sie die Entlarvung ihres Sohnes.
Vom ersten Moment an liegt eine nervöse Spannung über dem Geschehen. Harfouchs Körpersprache spiegelt die Zerrissenheit dieser Frau zwischen Kontrollzwang und Verantwortung. Eine herausragende Leistung.