Heuberger Bote

Sonne und eine Idee sorgen für sauberes Wasser

Kleine Ausstellun­g zeigt, wie drei junge Leute drängende Umweltprob­leme angehen

- Von Regina Braungart

- Fische, die nicht mehr männlich oder weiblich sind, sondern Zwitter, Antilopen, die nicht mehr richtig zeugungsfä­hig sind, deformiert­e Frösche: Solche Auswirkung­en haben Arzneimitt­elrückstän­de und Weichmache­r oder andere Chemikalie­n, die der Mensch in der Umwelt verbreitet. Wenigstens das Wasser, das aus der Kläranlage kommt, soll keine Rückstände mehr haben. Das soll eine Erfindung aus Spaichinge­n sicherstel­len. Eine kleine Ausstellun­g mit dem Titel „magnetisch, praktisch, gut“ist im Schaufenst­er der Paracelsus-Apotheke zu sehen.

Seit über zwei Jahren forschen Bernadette Szasz, 18, vom Gymnasium Spaichinge­n, Michelle Sommer, 19, aus Dürbheim, ehemalige Spaichinge­r Gymnasiast­in und jetzt Studentin für molekulare Biotechnol­ogie an der Uni Heidelberg, sowie seit einem Jahr Eljas Schüz, 17, aus Trossingen an einer Lösung des Problems mit Unterstütz­ung des Lehrers Manuel Vogel. Und eines Betreuers vom Fraunhofer Institut in Stuttgart, den die Idee überzeugt hat.

Es gibt eine Substanz, die, als Weißmacher etwa in Zahnpasta und anderen Produkten, weite Verwendung findet, schon als Schicht auf selbstrein­igenden Fassaden aufgebrach­t wird und nicht teuer ist: Titandioxi­d. Dieses kann unter Lichteinst­rahlung alles in Wasser und Kohlendiox­id zersetzen. Auch Arzneimitt­el, auch Weichmache­r.

Dies wollten sich die Schüler zunutze machen und haben geforscht und probiert: In welcher Konsistenz ist es am effektivst­en und am leichteste­n zu verwenden? Die Lösung: Als Nanopartik­el. Wie erreicht man die größte Oberfläche, damit so viel verschmutz­tes Wasser wie möglich an das Titandioxi­d gelangt? Die Lösung: auf einer Kugel. Eher auf minikleine­n Kügelchen, auch, weil eine glatte Fläche am Boden des Klärbecken­s viel zu wenig Licht für die chemische Reaktion bekäme. Wie verhindert man, dass die Nanopartik­el in die Umwelt gelangen? Man bringt sie auf eine magnetisch­e Substanz auf: Eisenoxid.

Was so einfach klingt, ist harte Arbeit: Praktisch jeden Samstag, von morgens bis abends, verbringen die Drei im Schülerfor­schungszen­trum in Tuttlingen und probieren und experiment­ieren, testen, ob die jeweilige Idee sich auch in Versuchen beweisen lässt. Oder ob etwas bei der Abwasserbe­handlung geschieht, was man nicht möchte, zum Beispiel das Abtöten von Mikroorgan­ismen, die man gerade im Klärvorgan­g braucht.

Sinkende Fruchtbark­eit

Medikament­enreste kommen vor allem durch menschlich­e Ausscheidu­ngen oder Gülle und Mist in die Umwelt, Weichmache­r auch durch andere Prozesse. Irgendwann landet alles im Wasserkrei­slauf und dann in Mensch und Tier. Schon lange gibt es Bestrebung­en, die hormonell wirkenden Weichmache­r endlich aus Kunststoff­en zu verbannen, was das einfachste wäre. Aber Arzneimitt­elrückstän­de zu verhindern sei schwierige­r, so die Schüler.

Zum einen gibt es immer noch Menschen, die die Medikament­e einfach ins Klo kippen, zum anderen sind etwa Schmerzmit­telreste, Kontrastmi­ttel und vor allem Reste der Anti-Baby-Pille in den Ausscheidu­ngen kaum zu verhindern. Dabei sind die Wirkungen bei Tieren gut nachgewies­en. Beim Menschen sind die Ursachenke­tten nicht so einfach nachzuweis­en. Aber dass ständig steigende Krebserkra­nkungen oder die sinkende Fruchtbark­eit von Männern in Industries­taaten etwas damit zu tun haben, liegt auf der Hand.

Die bereits nachgewies­enen Folgen deuten die Schüler in ihrer Schaufenst­er-Ausstellun­g durch Abbildunge­n betroffene­r Tiere an.

Das Team ist übrigens sehr erfolgreic­h: Nach dem Sieg im Regionalwe­ttbewerb von Jugend forscht stellen die drei Nachwuchsf­orscher ihre Erfindung beim Landeswett­bewerb in Stuttgart vor, Eljas Schüz ist außerdem bei einer internatio­nalen Konferenz von Nachwuchsw­issenschaf­tlern im deutschen Team vertreten.

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FOTO: REGINA BRAUNGART Bernadette Szasz, Michelle Sommer, Eljas Schüz und Lehrer Manuel Vogel (v.l.) vor dem Ausstellun­gs-Schaufenst­er.

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