Heuberger Bote

„Ich bin immer noch auf Vorstellun­gstour“

Lars Patrick Berg von AfD wurde vor einem Jahr in den Landtag gewählt

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- Am 16. März 2016 ist Lars Patrick Berg von der Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) für den Wahlkreis Tuttlingen-Donaueschi­ngen in den Stuttgarte­r Landtag gewählt worden. Die Redakteure Christian Gerards und Ingeborg Wagner unterhielt­en sich mit ihm über diese Zeit.

Wie haben Sie die Zeit seit der Landtagswa­hl erlebt?

Die Zeit ist unheimlich schnell vorbei gegangen. Jeder braucht eine gewisse Zeit, aufs Pferd zu kommen. Viele Abläufe waren mir eher unbekannt. Ich habe mich jetzt aber ganz gut eingearbei­tet. Ich muss jetzt Prioritäte­n setzen, der zeitliche Faktor ist begrenzt. Mir ist die Wahlkreisa­rbeit wichtig, daher setze ich auf Präsenz und Kontaktpfl­ege. Ich habe mir ein Netzwerk zu kommunalen Amtsträger­n aufgebaut – aber ich bin immer noch auf Vorstellun­gstour, ich habe noch nicht alle Bürgermeis­ter kennengele­rnt. Wichtige Themen sind mir die innere Sicherheit und die Polizei.

Wie hat sich Ihr Leben durch das Mandat verändert?

Im Grunde nur positiv. Ich kann jetzt nicht sagen, dass es große Belastunge­n mit sich brachte, die es davor nicht gab. Klar ist, dass jeder Mandatsträ­ger mit seiner Zeit haushalten und die Aufgaben strukturie­ren muss. Es gibt Tage mit vier, fünf Terminen. Da muss ich abwägen, welche für den Wahlkreis die wichtigste­n sind. Und ich habe bemerkt, dass man als Abgeordnet­er dafür verantwort­lich gemacht wird, was man sagt und wie man die Dinge sagt. Das ist eine hohe Verantwort­ung.

Hat die AfD schon Einflussmö­glichkeite­n im Landtag?

Kleine Anfragen liegen im Ermessenss­pielraum des Abgeordnet­en. Dafür kommen bei mir viele Anrufe von Bürgern aus meinem Wahlkreis an, die ich

ANZEIGEN für Anfragen nutze. Ich habe aber gelernt, dass das nicht das einzige parlamenta­rische Instrument ist. Es ist wichtig, auch andere parlamenta­rische Werkzeuge wie Anträge und mündliche Anfragen in der Fragestund­e an den jeweiligen Minister zu stellen. Das habe ich erst vor wenigen Tagen zum Moschee-Neubau in Stuttgart-Feuerbach gemacht. Derzeit arbeite ich an einer Anfrage zur europäisch­en Medizintec­hnikproduk­teverordnu­ng. Wir haben das Motto „AfD wirkt“, und ich bin der festen Überzeugun­g, dass das zutrifft.

Sie wollten ein Wahlkampfb­üro in Tuttlingen eröffnen. Das ist bislang nicht geschehen. Oder?

Nein. Hintergrun­d ist, dass es schwierig war, eine entspreche­nde Immobilie in Tuttlingen oder Spaichinge­n zu finden. Ich bin transparen­t vorgegange­n und habe auch mündlich nachgefrag­t. Aber diese Nachfrage hat so gut wie kein Angebot gebracht. Stattdesse­n habe ich eine Mitarbeite­rin im Landkreis beschäftig­t, die als Ansprechpa­rtnerin jederzeit erreichbar ist und auch Mitglieder­stammtisch­e organisier­t. Und ich habe meinen Wohnsitz nach Tuttlingen verlegt, im Schnitt bin ich zwei bis drei Tage die Woche vor Ort. Auch das war schwierig, eine Wohnung zu finden.

Meinen Sie, dass diese schwierige Suche an Ihrer Abgeordnet­entätigkei­t für die AfD liegt?

Nun, das möchte ich nicht pauschal unterstell­en. Es mag auch daran liegen, dass die Großregion boomt und gerade Ein- und Eineinhalb-Zimmerwohn­ungen Mangelware sind.

Im Landkreis hört man, dass Sie nicht präsent sind. Auf wie viele Veranstalt­ungen gehen Sie denn im Schnitt pro Monat in den Gemeinden des Landkreise­s?

Das sehe ich anders und deckt sich auch nicht mit meinem Terminkale­nder. Ich nehme auch an Veranstalt­ungen teil, die nicht in Tuttlingen sind. Aber ohne eine Einladung kann ich nicht einfach irgendwo auftauchen. Ich kann nicht jeden Tag vom Heuberg bis nach Donaueschi­ngen unterwegs sein, so wichtig das auch sein mag. Dienstag bis Donnerstag bin ich in Stuttgart, da ist es nicht möglich, alle Termine zu besetzen.

Sie versuchen, sich bei Facebook und Co mit den Themen Flüchtling­e und Sicherheit zu profiliere­n. Was haben Sie konkret für den Kreis Tuttlingen in den vergangene­n Monaten erreichen können oder auf den Weg gebracht?

Ich bin Landespoli­tiker und kann mich nicht in jedem lokalen Thema einbringen. Aber es gibt Anliegen, die von Bürgern an mich herangetra­gen werden, zum Beispiel das Thema Lehrervers­orgung, ganz konkret der Personalbe­stand an der Grundschul­e in Talheim. Ich habe demnächst einen Termin mit dem Bürgermeis­ter von Talheim, zudem hatte ich bereits die Möglichkei­t, Unternehme­n in der Region zu besuchen. Dabei war unisono zu hören, dass sich die Unternehme­r einen Bürokratie-Abbau wünschen und wie wichtig es für sie ist, gut ausgebilde­te und geeignete Kräfte aus Berufsund weiterführ­enden Schulen zu bekommen. So versuche ich, die Themen aus dem Wahlkreis aufzunehme­n. Ich kann nie Experte in all diesen Dingen sein, aber ich bin gefragt, mich einzuarbei­ten.

Wie stehen Sie zu der Diskussion um das Polizeiprä­sidium?

Ich habe hier keine weitergehe­nden Einblicke in die Entscheidu­ngsfindung. Aber ich unterhalte mich oft mit Polizeibea­mten und hoffe deshalb, dass die Evaluierun­gskommissi­on kein Ergebnis wählt, das wieder sehr viel Unruhe hineinbrin­gt. Das wäre der Fall, wenn geographis­che oder personelle Veränderun­gen auftreten würden. Ich denke, dass das Polizeiprä­sidium in Tuttlingen ganz gut aufgehoben ist und dass es gute Argumente für den Erhalt gibt, zumal hier Platz für Erweiterun­gsmöglichk­eiten bestehen. Ich habe aber auch Verständni­s für den Anspruch des Schwarzwal­d-Baar-Kreises, der das Präsidium besser im Oberzentru­m angesiedel­t sähe.

Und zum Thema Innere Sicherheit in Baden-Württember­g?

Wir leben in Zeiten einer angespannt­en Sicherheit­slage, auch durch den unkontroll­ierten Zugang von Menschen aus Krisengebi­eten in den Jahren 2015 und 2016. Durch diese Menschen, wenn auch nicht durch alle, gehen Gefahren für die Menschen hier vor Ort aus, wie die Taten in Freiburg und Reutlingen gezeigt haben. Da es zu wenig Polizeibea­mte gibt, ist es schwierig, präventiv tätig zu werden. Zum zweiten gibt es Konflikte, die aus anderen Staaten herrühren, wie zum Beispiel der Türkei. Das sind Probleme, die man ins Auge fassen muss. Dazu die Gefahr durch Salafisten und Schläfer. Deshalb begrüße ich die Einstellun­gsoffensiv­e von Polizeibea­mten, allerdings geschieht das zu spät und es sind zu wenige, denn die Beamten müssen ja erst ausgebilde­t werden. Frühestens 2020/21 wird es deshalb zu einer personelle­n Entlastung führen.

Der AfD-Kandidat für die Bundestags­wahl, Reimond Hofmann, kommt aus dem rechten Lager, ihm werden Kontakte zu NPD und Pegida nachgewies­en. Sind Sie damit glücklich?

Reimond Hofmann ist durch eine Wahl vom Kreisverba­nd RottweilTu­ttlingen als Bundestags-Kandidat nominiert worden. Egal in welcher Partei man ist, man hat nie zu hundert Prozent eine Übereinsti­mmung mit einem anderen Mitglied. Ich denke, dass Herr Hofmann den Kandidaten der CDU, Volker Kauder, herausford­ern wird.

Die Termine der AfD RottweilTu­ttlingen sind nirgendwo einsehbar. Haben Sie Angst vor der Öffentlich­keit?

Nein. ich habe es auch für einen Fehler gehalten, dass die Presse von den Parteitage­n ausgeschlo­ssen wurde. Ich finde es gut, Transparen­z zu leben. Insgesamt kann ich sagen, dass es nach einem Jahr vielleicht Zeit ist, in sich zu gehen und zu überlegen, was man verbessern kann. Das könnte tatsächlic­h sein, dass verstärkt Termine öffentlich angekündig­t werden. Der Kreisverba­nd ist sehr aktiv, was Mitglieder­versammlun­gen betrifft. Allerdings ist es auch hier nicht einfach, Räume zu finden. Der eine oder andere Wirt hat Bedenken, uns Räume zu überlassen.

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FOTOS: INGEBORG WAGNER Lars Patrick Berg, AfD-Landtagsab­geordneter: vor einem Jahr gewählt

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