„Der Müßiggang war eine Sünde“
Friedemann Maurer spricht am Donnerstag über „Protestantismus und Industrialisierung“
- Im Rahmen der Feierlichkeiten zu „500 Jahre Reformation“spricht Prof. Friedemann Maurer (Seitingen-Oberflacht) am morgigen Donnerstag um 20 Uhr im evangelischen Gemeindehaus in Tuttlingen an der Gartenstraße 1 zum Thema „Protestantismus und Industrialisierung“. Dabei schildert er die Sonderentwicklung Tuttlingens als konfessionelle Insel in einem katholischbäuerlich geprägten Umfeld.
„Die Reformation hatte eine ungeheure Wirkung und einen Modernisierungsschub mit sich gebracht“, urteilt Maurer. Das Individuum habe plötzlich eine persönliche Freiheit erlebt, in der es sich selbst bilden musste. Noch bis in die 1960er-Jahre, so betont es der Professor, habe es ein „spürbar katholisches Bildungsdefizit“gegeben. Zahlen aus der Zeit der Weimarer Republik würden belegen, dass 90 Prozent der Hochschul-Professoren protestantisch gewesen seien, in der Führungsebene von Politik und Wirtschaft sei das nicht anders gewesen.
Ausbau des Bildungswesens
Die Blüte von Industrie, Wirtschaft, Handel und Verkehr, die im Südwesten Deutschlands im 19. Jahrhundert rund 50 Jahre später als etwa im Ruhrgebiet oder Sachsen einsetzte sei von einem Ausbau des Bildungswesens flankiert worden. Das sei in Tuttlingen mit seinen beruflichen Gymnasien nach wie vor spürbar: „Tuttlingen ist bis heute einer der modernsten Schulstandorte – wahrscheinlich in ganz Deutschland“, urteilt Maurer.
Auch in der Donaustadt habe sich die – wie es der große deutsche Soziologe und Nationalökonom Max Weber (1864 bis 1920) bezeichnete – „innerweltliche Askese“des calvinistisch geprägten Protestantismus ausgeprägt, die sich in Arbeit und Beruf sowie Leistung und Lernen entfaltet hätte. In Tuttlingen war der Mensch darauf angewiesen, ohne Bodenschätze „etwas aus seinem kargen Leben“zu machen. So seien aus den Feilhauern und Naglern später die Messerschmieder geworden, und an der Donau siedelten sich Gerbereien mit Gürtlern sowie Taschenund Schuhmacher an.
„Die Gewerbefreiheit in den 1860er-Jahren hat einen unglaublichen Boom ausgelöst“, betont Maurer. Die Folge: In der Ära von Reichskanzler Otto von Bismarck (1871 bis 1890) sei in Tuttlingen eine „goldene Zeit“angebrochen: „Das ging Hand in Hand in Zusammenarbeit mit einer einflussreichen und mächtigen evangelischen Geistlichkeit“, urteilt Maurer. Kein Wunder also, dass in dieser Zeit der Aufstieg der „Gottfried Jetter Fabrik chirurgische Instrumente“, der heutigen Aesculap AG, begann.
Protestanten als Unternehmer
Weitere Protestanten, die in jener Zeit die Wirtschaft Tuttlingens maßgeblich bestimmten waren etwa Scheerer, Rieker, Martin, Dihlmann, Teufel, Henke, Neipp, Binder, Trommer, Renz, Schweickhardt oder Bayha, deren Namen teilweise bis heute noch in der Stadt sehr bekannt sind. „Schweickhardt war damals der große Wettbewerber von Aesculap“, erinnert Maurer.
Diese Gründer seien indes keine Hinterwäldler gewesen, sondern in der Welt weit herumgekommen. „Daher passt der Begriff Weltzentrum der Medizintechnik auch zu Tuttlingen“, sagt der Professor. Ihnen war das Schaffen wichtig – und das zeigten sie auch ihren Arbeitern und Angestellten: „Der Ton war mitunter rau“, sagt Maurer. Und weiter: „Der Müßiggang war eine der großen Sünden im pietistisch-geprägten Tuttlingen.“
Monika Kirschnick
(Foto: Stadt Tuttlingen) ist nun auch offiziell Rektorin der Schillerschule. „Sie stehen sowohl für einen Neubeginn als auch für Kontinuität“, so Oberbürgermeister bei der Amtseinführung an die Adresse der neuen Rektorin, „schließlich unterrichten Sie selber seit 1993 an Ihrer Schule.“Beck würdigte auch die Verdienste des langjährigen Rektors
Er habe entscheidend dazu beigetragen, dass die Schule in vielen Bereichen eine Vorreiterfunktion übernahm – zum Beispiel bei der Schulsozialarbeit oder beim Schülercafé. 320 Schüler werden derzeit an der Schillerschule unterrichtet, die Förderung der Ausbildungsreife spielt dabei eine zentrale Rolle. Auch im Bereich der Inklusion geht es an der Schillerschule voran: Ab kommendem Schuljahr wird sie in Kooperation mit der Albert-Schweitzer-Schule erstmals Inklusionskinder aufnehmen. Die formelle Einsetzung nahm
vom Schulamt Konstanz vor. Er zeichnete Kirschnicks Laufbahn nach, die in der freien Wirtschaft begann: Vor dem Eintritt in den Schuldienst arbeitete sie unter anderem als Exportsachbearbeiterin bei mehreren Unternehmen. Auch Elternbeiratsvorsitzende
und der Geschäftsführende Schulleiter,
begrüßten die neue Rektorin. Monika Kirschnick bedankte sich für das Vertrauen – und bei ihrem Vorgänger Rainer Buggle, von dem sie ein wohlbestelltes Feld übernehmen durfte. Ihren Dank richtete sie auch an das Kollegium und die Mitarbeiter der Schule für die gute Zusammenarbeit. (pm)
Michael Beck Rainer Buggle: Preiß Kerstin Wirth Gökelmann, Uwe Hans-Peter