Der Leiharbeiter legt los
Handball-Bundestrainer Prokop nimmt Arbeit auf – und ist weiter in Leipzig tätig
(dpa/SID) - Seine erste Dienstreise für den DHB, die erste Trainingseinheit mit Silvio Heinevetter und Co., die ersten Länderspiele mit dem Adler auf der Brust – der neue Bundestrainer Christian Prokop tritt am Mittwoch seinen Dienst an. Fünf Tage und zwei Länderspiele hat der Neue Zeit, um die Abläufe in seinem neuen Job zu verinnerlichen. Als „Leiharbeiter“.
Denn wenn Prokop als Nachfolger von Dagur Sigurdsson die große Bühne betritt, steht er eigentlich noch gar nicht beim Deutschen Handballbund (DHB) unter Vertrag. „Ich bin Leipzig sehr dankbar und froh, den Weg mit der Nationalmannschaft bereits in Hamburg beginnen zu können“, sagte Prokop, dessen Arbeitspapiere beim DHB erst ab dem 1. Juli 2017 gültig sind.
Vor seiner Premiere als Bundestrainer gibt sich der Familienvater bescheiden, die großen Worte überlässt er anderen. „Mit Christian startet der deutsche Handball in eine neue Zeitrechnung“, sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning: „Ich glaube, dass er sich darauf freut. Sonst hätte er seinen Club ja nicht um die vorzeitige Freigabe gebeten.“
Prokop wird die deutsche Mannschaft am Wochenende bei zwei Länderspielen gegen Schweden betreuen. Los geht der erste DHB-Lehrgang als Auswahlcoach am Mittwoch. Nach dem ersten Testspiel am Samstag in Göteborg wird Prokop beim Tag des Handballs in der Hansestadt am Sonntag (17.30 Uhr/Sky Sport News HD) sein Heimdebüt als Bundestrainer geben.
Prokop tritt dabei ein schweres Erbe an. Sein Vorgänger Sigurdsson feierte trotz des Achtelfinal-Aus bei der WM im Januar außergewöhnliche Erfolge mit dem Team. Mit dem Gewinn der Europameisterschaft 2016 sowie der anschließenden Bronzemedaille bei Olympia in Rio führte er das Nationalteam zurück in die Weltspitze.
Auch von Prokop ist der DHB überzeugt. „Wir haben uns ja ganz bewusst für Christian Prokop und einen Fünfjahresvertrag entschieden“, sagt DHB-Präsident Andreas Michelmann. Dass Prokop seine Arbeit mit der Nationalmannschaft vorzeitig aufnehmen kann, sei nach Hanning „sehr wertvoll. Jeder gemeinsame Tag zählt.“Schon im Mai stehen mit den Duellen in der EM-Qualifikation gegen den WM-Dritten Slowenien richtungweisende Spiele an.
Vor der neuen Aufgabe ist Prokop jedenfalls nicht bange. Erst mal baute er vor seinem ersten Länderspiel das vom DHB bereits verkündete Aufgebot um. Wegen der hohen Belastungen strich er fünf Spieler der Spitzenclubs THW Kiel und Rhein-Neckar Löwen und nominierte junge Akteure nach. „Für uns ist das auch eine Chance, das große Potenzial des Nationalmannschaftskaders auszuschöpfen“, begründet Prokop.
Die Erwartungshaltung ist groß. Bei der EM 2018 in Kroatien soll möglichst der Titel erfolgreich verteidigt, bei der Heim-WM ein Jahr später eine Medaille gewonnen und bei Olympia 2020 Olympia-Gold geholt werden. „Dagur Sigurdsson hat die Eisenbahn auf die Schienen gesetzt, jetzt trauen wir Christian Prokop zu, das Ganze sportlich weiterzuführen“, hatte Hanning bei Prokops Inthronisierung im Februar gesagt.
An diesen Zielen wird sich der Neue messen lassen müssen.