Twitter-Konten mit Nazi-Vorwürfen geflutet
Berlin droht türkischen Politikern mit Einreiseverbot
(dpa/AFP/lsw) Die Bundesregierung hat Ankara mit einem Einreiseverbot für türkische Spitzenpolitiker gedroht. Sie reagiert damit auf eine ganze Serie aggressiver Attacken von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und anderen führenden Politikern.
Deutschland habe völkerrechtlich die Befugnis, die Einreise ausländischer Regierungsmitglieder zu unterbinden, sagte Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) der FunkeMediengruppe. „Ein Einreiseverbot wäre das letzte Mittel. Das behalten wir uns vor.“
Hacker hatten zuvor Tausende Twitter-Konten weltweit mit NaziVorwürfen gegen Deutschland und die Niederlande geflutet. Auch auf Dutzenden bestätigten Accounts mit Millionen an Followern fanden sich am Mittwoch Nachrichten mit den Hashtags #Nazialmanya und #Nazihollanda, einem Hakenkreuz-Symbol und dem Satz „Wir sehen uns am 16. April“. An diesem Datum steht in der Türkei das Verfassungsreferendum an. Betroffen waren unter anderem die offiziellen Twitter-Auftritte von Borussia Dortmund und Boris Becker, Amnesty International sowie des Magazins „Forbes“.
Die Bundesregierung genehmigte trotz der Verwerfungen türkische Wahllokale in Deutschland für das Verfassungsreferendum. Eine entsprechende Verbalnote wurde der türkischen Botschaft in Berlin zugestellt, wie Außenamtssprecher Martin Schäfer am Mittwoch mitteilte. Nach „Spiegel“-Informationen darf Ankara zwischen dem 27. März und dem 9. April insgesamt 13 Wahllokale in Deutschland eröffnen.
Die Verwaltung der Stadt Mannheim teilte am Mittwoch mit, für Wahlkampfauftritte türkischer Politiker keine Räume zur Verfügung zu stellen. „Die aktuelle Wahlkampfrhetorik aus Ankara und Wahlkampfauftritte sind mittlerweile darauf angelegt, die Entfremdung zwischen Türkeistämmigen und Deutschen zu befördern. Daher wollen wir hier diese Art von Veranstaltungen nicht“, sagte Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD). Zuvor hatte das Innenministerium von Baden-Württemberg über geplante Auftritte von Politikern der türkischen Regierungspartei AKP in Mannheim informiert. Eine Stadtsprecherin sagte, die Entscheidung betreffe geschlossene Räume, für Veranstaltungen auf öffentlichen Plätzen gelte das Demonstrationsrecht.
Mehr als 1100 Asylanträge
Seit Jahresbeginn haben bereits mehr als 1100 türkische Bürger Asylanträge in Deutschland gestellt. Im Januar zählte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg 610 Asylanträge von Türken und im Februar 533. Wie viele der Antragsteller Kurden waren, konnte das Bundesamt noch nicht sagen. Schon seit Längerem geht die Zahl der Asylanträge von Türken nach oben. Waren es 2014 noch etwa 1800, stieg die Zahl 2015 auf etwa 4600 und 2016 dann auf rund 5700. Darunter waren gut 4400 türkische Kurden.