Weniger Kontrollen gegen Mindestlohnverstöße
Zu Jahresbeginn waren fast 800 Stellen unbesetzt – Grüne und Gewerkschaften kritisieren Personalmangel
(dpa) - Mit schärferen Kontrollen wollte die Bundesregierung sicherstellen, dass Arbeitnehmer den Mindestlohn erhalten. Doch die Zahl der Kontrollen gegen Verstöße und andere Delikte sinkt weiter. Die Grünen und Gewerkschaften prangern Personalmangel an.
Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls hat 2016 deutlich weniger Firmen auf Verstöße kontrolliert. 40 374 Arbeitgeber wurden überprüft – 3000 weniger als 2015, wie aus einer Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht. 2014 gab es noch Kontrollen in etwa 63 000 Betrieben. Die Grünen und die IG Bau forderten, für die FKS müssten deutlich mehr Mitarbeiter eingestellt werden.
Besonders zurück gingen die Kontrollen vor allem am Bau mit einem Minus von fast 20 Prozent auf 13 473 (Vorjahr: 16 681). In Gaststätten sank die Zahl der Kontrollen um gut 17 Prozent auf etwa 6000 (7300). Mehr Kontrollen gab es hingegen im Speditions- und Transportgewerbe, wo die Zahl von 3400 im Jahr 2015 auf 4635 im vergangenen Jahr stieg. Auch Taxifahrer wurden mit 1356 Prüfungen stärker unter die Lupe genommen (2015: 1259). Überprüft wurden der Missbrauch von Sozialleistungen sowie illegale Ausländerbeschäftigung und mögliche Verstöße gegen Mindestlohnbestimmungen.
Bußen in Höhe von 49 Millionen
Mehr als 6700 Zöllner gehen bundesweit gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung vor. Geldbußen in Höhe von fast 49 Millionen Euro wurden verhängt. Mehr als ein Drittel – 19,5 Millionen Euro – mussten Arbeitgeber zahlen, da sie sich nicht an den damals geltenden Mindestlohn von 8,50 Euro oder einen der anderen Mindestlöhne hielten. Der Mindestlohn beträgt seit dem 1. Januar 2017 8,84 Euro je Stunde.
Bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit waren zu Jahresbeginn fast 800 Stellen unbesetzt. Die Bundesregierung hatte mit der Einführung des Mindestlohns Anfang 2015 angekündigt, 1600 neue Jobs in der FKS zu schaffen, um die Einhaltung zu sichern. Da die Mitarbeiter aber noch ausgebildet werden müssen, soll dieses Ziel erst 2019 erreicht sein.
Das Bundesfinanzministerium teilte mit, es handele sich bei den unbesetzten Stellen um eine gewöhnliche Fluktuation. „Ein geringer Anteil von Planstellen ist in einer so großen Behörde wie dem Zoll an einem bestimmten Stichtag regelmäßig nicht besetzt“, so ein Sprecher. Grund seien Pensionierungen und Stellenwechsel. Freie Stellen in der Zollverwaltung würden turnusmäßig zur Nachbesetzung ausgeschrieben.
Der Zoll prüfe die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohnes „erfolgreich“, hieß es bei der Behörde. Es könne aber teils zu weniger Prüfungen in einzelnen Bereichen kommen, da mit dem Mindestlohn die Zahl der zu prüfenden Branchen deutlich gestiegen sei. Es gelte, in besonders betroffenen Bereichen „die großen Betrugsfälle aufzudecken“. Es seien höhere Geldstrafen verhängt und mehr Strafverfahren abgeschlossen worden.
Die Gewerkschaft IG Bau kritisierte, nötig seien 10 000 Kontrolleure. Mit der Einführung des Mindestlohns seien fünf Millionen Arbeitnehmer hinzugekommen, deren Bezüge auf den Mindestlohn kontrolliert werden müssten, sagte ein Sprecher. Je weniger Kontrollen durchgeführt würden, desto mehr Verstöße gebe es.