Heuberger Bote

Zwischen Liverpool und Ulm

Augsburgs Manager Reuter plaudert über Wege in den Profi-Fußball

- Von Felix Alex

- Für Stefan Reuter war es beinahe eine kleine Reise in die Vergangenh­eit. Nicht nur, dass dem gebürtigen Dinkelsbüh­ler im Kreise der Sponsoren des SSV Ulm 1846 ehemaligen Weggefährt­en aus seiner Jugend begegnete, auch sportlich machte der Sportchef des FC Augsburg beim Viertligis­ten viele Parallelen zu den jüngeren Entwicklun­gen seines jetzigen Arbeitgebe­rs aus – auch wenn Reuter erst seit etwas mehr als vier Jahren bei den Fuggerstäd­tern tätig ist. Zu präsent sind ihm die zahlreiche­n Erzählunge­n seiner Mitstreite­r. Und genau wegen solcher Erzählunge­n hatten sie den Weltmeiste­r von 1990 wohl auch nach Ulm eingeladen. Nach drei Insolvenze­n versucht sich der ehemalige Bundesligi­st gerade wieder in der vierten Liga zu etablieren.

„Die ganze Situation ist recht ähnlich, auch der FC Augsburg war um die Jahrtausen­dwende im Grunde insolvent, spielte im Rosenausta­dion vor 300 bis 500 Zuschauern und dann gab es einen Kreis von Menschen, die sich einer Sache verschrieb­en haben“, formuliert­e Reuter. Allgemein war es eine der Botschafte­n des Abends, dass es Kontinuitä­t und eine gut aufgestell­te Infrakstru­ktur – vor allem auch ein entspreche­ndes Stadion – benötige, um einen Fußballver­ein in höheren Ligen zu etablieren. Worte, die die Vorstandsm­itglieder der Spatzen und die geladenen Sponsoren nur allzu gern umgesetzt sehen würden. „Doch ist bei uns Demut und Bescheiden­heit angebracht, auch wenn die Region sicherlich stark genug wäre, um so ein Projekt voranzubri­ngen“, meinte Reuters Gesprächsp­artner und Ulms sportliche­r Leiter, Lutz Siebrecht.

Doch interessie­rte die Zuhörer dieser Talk-Runde vor allem Persönlich­es, egal ob aus der erfolgreic­hen Zeit als Aktiver oder die tägliche Arbeit des Managers. Und da ließ sich Reuter nicht zweimal bitten. „Eigentlich wollte ich heute nur einen Stoß Mails abarbeiten und nach Ulm fahren. Stattdesse­n hatte ich einen Termin mit dem kaufmännis­chen Geschäftsf­ührer, ein Gespräch mit einem Spieler und mit dem Physio“. Zeitintens­iv sei sein Job, doch er denke nicht daran, den FCA zu verlassen – egal wer anfragt. „Für mich sind in Deutschlan­d ohnehin nur Clubs wie Bayern und Dortmund interessan­t. Aber ich habe jedem gesagt, der sich gemeldet hat, dass ich für keine Gespräche zur Verfügung stehe.“

Und auch bei Augsburg muss Reuter nicht auf die großen Namen des Weltfußbal­ls verzichten. So stand das Telefon kürzlich selten still, als der 18-jährige Kevin Danso sein Debüt bei den Profis gab. „An dem Wochenende haben sich gleich Manchester City, Liverpool und Leipzig in Augsburg gemeldet und meinten, den hatten wir gar nicht auf dem Schirm.“Doch sei die Vertragsve­rlängerung des Spielers beim FCA nur folgericht­ig, da eine sinnvolle, stückweise Entwicklun­g die Grundlage einer Karriere sei.

Und diese hatte auch der heutige Topmanager. „Ich hatte großes Glück, habe unter erfolgreic­hen Managern und Trainern gespielt und es hat Spaß gemacht, sich auszutausc­hen. Uli Hoeneß spielte eine wesentlich­e Rolle, was Profession­alität angeht und auch während meiner sechs Kapitänsja­hre in Dortmund war ich überall involviert. Das waren überragend­e Lehrjahre für den Posten des Managers.“

So überragend, dass sich auch durch Reuters Hilfe die Augsburger sechs Jahre in der ersten Bundesliga halten. „Diese Entwicklun­g ist grandios und die Momente wie das Spiel gegen Liverpool einzigarti­g. Damals waren Clubs wie Freiburg und Mainz unsere Vorbilder, die stabil aufgestell­t waren – nicht, dass bei Abstieg alles auseinande­rbricht, wie in Aachen. Wir wollen nur ausgeben, was da ist. Man muss zudem geschlosse­n auftreten und fighten bis zuletzt, dann ist vieles möglich.“

Worte, die sie auch in Ulm berherzige­n wollen.

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FOTO: REGIO TV Stefan Reuter (li.) und Ulms sportliche­r Leiter, Lutz Siebrecht.

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