Jugendhilfe warnt vor Ausgrenzung
Startchancen unterschiedlich – 3,7 Millionen junge Menschen von Armut bedroht
(dpa) - Kinder und Jugendliche in Deutschland – den meisten stehen viele Wege in ein erfolgreiches Leben offen. Doch jeder Vierte muss mit schlechten Startchancen kämpfen, wie die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe zum Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag warnt. Von 28. bis 30. März werden dazu mehr als 30 000 Besucher erwartet. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
Wie viele Junge gibt es überhaupt in der alternden Gesellschaft?
Mit 22 Millionen ist nach einem stetigen Abwärtstrend seit 1991 etwas mehr als jeder Vierte in Deutschland jünger als 27 Jahre. Nach einem Tiefststand 2013 ist die junge Bevölkerung aber wieder leicht angestiegen – vor allem wegen der hohen Zuwanderung.
Was ist das Hauptrisiko für junge Leute?
Armut und Ausgrenzung: So sehen es die Jugendhelfer. 3,7 Millionen – mehr als jeder Vierte – seien von Armut bedroht. Ihre Familien haben deutlich weniger Einkommen als der Durchschnitt oder können sich Dinge des täglichen Lebens nicht leisten, die für andere normal sind. 11 Prozent wachsen in Familien auf, in denen weder Vater noch Mutter eine Berufsausbildung haben.
Bildung ist der Schlüssel fürs Fortkommen. Wie ist da die Lage?
Oft gut – aber abhängig vom Elternhaus. Während die Zahl der Auszubildenden auf zuletzt 1,34 Millionen abnahm, legte die Zahl der Studenten auf 2,8 Millionen zu. Viele studieren auch im europäischen Ausland: zuletzt mehr als 107 000, noch 2004 waren es erst 40 000. Es gibt mehr Abiturienten und weniger Hauptschüler. Und fast 95 Prozent der über Dreijährigen besucht eine Kita, bei den Jüngeren ist es jeder Dritte. Die Zahl der unter Dreijährigen in der Kindertagesbetreuung hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Schlechtere Bildungschancen haben tendenziell diejenigen aus Elternhäusern mit niedrigen Bildungsabschlüssen und ausländischen Wurzeln.
Wie steht es um die Integration?
Die Arbeitsgemeinschaft für Kinderund Jugendhilfe forderte Kita-Plätze für alle kleinen Flüchtlingskinder: „Die Kitas sind Türöffner in die Gesellschaft“, sagt die Vorsitzende Karin Böllert am Montag. Insgesamt gebe es 120 000 Flüchtlingskinder unter sechs Jahren in Deutschland, so Böllert unter Berufung auf Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Kitas seien wichtig für die Integration, auch wegen des Erlernens der deutschen Sprache.
Wie gelingt den jungen Leuten der Übergang in den Beruf?
„Stotter-Start“– das ist laut Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe für viele eher die Regel als die Ausnahme. Bis junge Leute finanziell auf eigenen Beinen stehen, dauere es teilweise weit bis ins Erwachsenenalter. Befristete Jobs und niedrige Gehälter seien gerade bei ihnen weit häufiger anzutreffen.
Engagiert sich die Jugend noch für die Gesellschaft?
Ja – sogar in steigendem Maß. In Gruppen mit konkreten Anliegen etwa in Gesellschafts- oder Umweltfragen waren 2010 fast 25 Prozent der unter 29-Jährigen aktiv. 2002 waren es 17 Prozent. Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren sind laut Kinderund Jugendhilfe die am stärksten ehrenamtlich engagierte Gruppe. Mit Skepsis sehen viele die offizielle Politik, möchten Änderungen: So wünschen sich 85 Prozent der 15- bis 25Jährigen mehr junge Leute in der Politik.