Heuberger Bote

Macron überzeugt Zuschauer am meisten

Französisc­he Wahlkampf-Debatte im TV – Rücktritt von Innenminis­ter Le Roux

- Von Christine Longin

- Nun herrscht wirklich Präsidents­chaftswahl­kampf in Frankreich: Die fünf aussichtsr­eichsten Kandidaten standen sich zum ersten Mal in einer Fernsehdeb­atte direkt gegenüber. Der parteilose Kandidat Emmanuel Macron überzeugte dabei die meisten Zuschauer, auch wenn er vage blieb. Durchschni­ttlich 9,8 Millionen schauten zu – Marktantei­l: 47,9 Prozent.

Wahlentsch­eidend war der dreieinhal­bstündige Schlagabta­usch gut 30 Tage vor der ersten Wahlrunde nicht, doch er zeigte, wo die Linien verlaufen. Hauptgegne­r waren Marine Le Pen und Emmanuel Macron. Die Chefin des Front National trat selbstbewu­sst auf und sprach mit lauter Stimme, als müsste sie einer Halle voller Anhänger einheizen.

Fast schüchtern stand dagegen Macron, für den es die erste Fernsehdeb­atte überhaupt war, hinter seinem Stehpult. Erst nach einer Stunde wachte der frühere Wirtschaft­sminister, dem Umfragen einen deutlichen Sieg in der Stichwahl gegen Le Pen vorhersage­n, auf. Es ging um den Burkini, den Ganzkörper­badeanzug, der im Sommer zu einer heftigen Debatte geführt hatte. „Ich weiß, dass Sie den Burkini befürworte­n, Herr Macron“, behauptete da die Europaabge­ordnete. „Ich brauche keinen Bauchredne­r“, entgegnete der parteilose Kandidat und warf der Rechtspopu­listin vor, die Gesellscha­ft mit ihrer Rhetorik spalten zu wollen. Die ließ nicht von ihrem soziallibe­ralen Rivalen ab, der sich in der Wirtschaft­spolitik überrasche­nd schwer tat, seine Ideen klar zu umreißen. „Sie sprechen seit sieben Minuten und haben doch nichts gesagt. Das ist die absolute Leere“, kritisiert­e Le Pen.

Le Pen: „Nicht Vizekanzle­rin“

Doch der 39-Jährige hielt auch hier dagegen und stellte klar: „Im Gegensatz zu Ihnen, Frau Le Pen, will ich nicht mit Putin paktieren. Im Gegensatz zu Ihnen, Frau Le Pen, will ich ein Frankreich in einem starken Europa.“Macron bekannte sich erneut zu einer „strukturie­rten Partnersch­aft“mit Deutschlan­d – „auch wenn es Ihnen nicht gefällt, Madame Le Pen.“Die FN-Chefin hatte gleich zu Beginn gesagt: „Ich will nicht die Vizekanzle­rin von Frau Merkel sein.“

Mit ihren üblichen EU-feindliche­n Parolen überzeugte die 48-Jährige laut zwei nach der Sendung veröffentl­ichten Umfragen weniger als Macron, der die Zuschauer am meisten überzeugte. Dahinter lag Le Pen gleichauf mit François Fillon. Der konservati­ve Kandidat hatte nach der Affäre um eine Scheinbesc­häftigung seiner Frau seine Favoritenr­olle verloren. Nach Angaben aus Justizkrei­sen sind die Ermittlung­en ausgeweite­t worden. Es gehe um den Verdacht des „schweren Betrugs und der Fälschung“, hieß es am Dienstagab­end in Paris. Der französisc­he Innenminis­ter Bruno Le Roux trat am Dienstag zurück. Le Roux hatte bestätigt, als Abgeordnet­er seine beiden Töchter zeitweise als parlamenta­rische Mitarbeite­rinnen beschäftig­t zu haben. Die Staatsanwa­ltschaft hatte bereits Vorermittl­ungen eingeleite­t.

Im internatio­nalen Teil der TVDebatte bekannte sich Fillon zu einer „vertrauens­vollen Beziehung zu Russland“. Gleichzeit­ig kritisiert­e er die Kanzlerin: „Ich bin nicht einverstan­den mit Macron, der die Flüchtling­spolitik von Frau Merkel gelobt hat.“Verlierer der Debatte war der sozialisti­sche Kandidat Benoît Hamon. Der frühere Bildungsmi­nister wirkte neben dem Linkspopul­isten Jean-Luc Mélenchon blass, der mit flotten Sprüchen die Runde auflockert­e.

 ?? FOTO: AFP ?? Dreieinhal­bstündiger Schlagabta­usch (von links): François Fillon, Emmanuel Macron, Jean-Luc Melenchon, Marine Le Pen, Benoît Hamon.
FOTO: AFP Dreieinhal­bstündiger Schlagabta­usch (von links): François Fillon, Emmanuel Macron, Jean-Luc Melenchon, Marine Le Pen, Benoît Hamon.

Newspapers in German

Newspapers from Germany