Heuberger Bote

„Gut wird es, wenn Dialoge sich verselbsts­tändigen“

Christian Tramitz und Helmfried von Lüttichau haben mit „Hubert und Staller“die Rollen ihres Lebens gefunden

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- Christian Tramitz und Helmfried von Lüttichau haben geschafft, was für viele Schauspiel­er einer Vorabendse­rie ein Traum bleibt: Ihre Reihe „Hubert und Staller“, in der sie zwei Dorfpolizi­sten spielen, geht ins sechste Jahr. Mit Katja Waizenegge­r haben sie sich über die Freiheiten, die sie sich in der Ausgestalt­ung ihrer Dialoge nehmen, über bescheiden­e Fahrkünste und die neue „Bullyparad­e“unterhalte­n.

Warum läuft „Hubert und Staller“erfolgreic­h, während viele Vorabendfo­rmate eingestell­t wurden?

Christian Tramitz: Wir hatten diesen Vorlauf, den andere nicht hatten. Oft ist es auch ungerecht, allzu schnell zu urteilen. Es werden zwei Folgen gezeigt, und wenn die Quote nicht stimmt, dann weg damit. Helmfried von Lüttichau: Unsere Figuren konnten sich langsam entwickeln, auch aus unseren Charaktere­n heraus. Denn natürlich gibt es Parallelen im Persönlich­en. Zudem glaube ich, dass das Witzige aus einer Normalität entsteht. Das heißt, wir denken uns nicht schräge Situatione­n aus, die irgendwie konstruier­t sind. Das Verhältnis von Hubert und Staller ist das von einem alten Ehepaar. Das kennt jeder. Es wird dadurch schräg, dass sich da zwei Polizisten in Uniform unterhalte­n.

Was kommt von den Drehbuchau­toren, was von Ihnen?

Tramitz: Wir passen bestimmte Drehbuchsi­tuationen unserer eigenen Art und Weise an. Dazu gehört es natürlich auch, den Text entspreche­nd zu modifizier­en. v. Lüttichau: Wir sprechen keinen Dialog, den wir nicht glauben. Tramitz: Gut wird es, wenn Dialoge sich verselbsts­tändigen. Also so in der Art, „Der Tote hat noch einen Kaffee getrunken“, und wir unterhalRa­ndstein ten uns dann über Kaffeesort­en und wie in Kolumbien Arbeiter den Kaffee pflücken.

Und die Regisseure machen das mit?

Tramitz: Die machen das mit, sind komplett auf unserer Seite. Erst lesen wir das Drehbuch, gehen die Szene durch, und manchmal überarbeit­en wir zusammen mit dem Regisseur die Geschichte. Wenn man bei einer Serie, die über Jahre läuft, bei immer derselben Schablone bleibt, funktionie­rt das nicht. Bei uns ist Hubert der Misanthrop und Staller der Emotionale. Aber das muss ich auch umdrehen können. Sonst wird das Ganze vorhersehb­ar und langweilig.

Ist ein Ende der Serie denn in Sicht?

Tramitz: Biologisch gesehen oder wie? Also, das realistisc­hste wäre ein Autounfall…

Wenn wer am Steuer sitzt?

Tamitz: Er.

Sind Sie tatsächlic­h so ein schlechter Autofahrer, Herr von Lüttichau?

Tramitz: Ja, ja, und nochmals ja. v. Lüttichau: Also, ich bin nicht mehr ganz so schlecht. Ich habe ein bisschen Autofahren gelernt durch die Serie. Rückwärtsf­ahren konnte ich zum Beispiel neulich recht gut. Tramitz: Aber was halt immer ist: Losfahren – Handbremse drin.

Warum können Sie nicht Autofahren? Das gibt es doch nicht!

v. Lüttichau: Was soll ich sagen. Ich habe andere Begabungen. Obwohl, auf Position kann ich inzwischen gut fahren. Wenn ich irgendwo an einer bestimmten Stelle anhalten muss, kann ich das schon. Tramitz: Neulich ist er mal einen hochgefahr­en, der war wirklich so hoch wie die Bank. Einfach hoch. Seitdem hat das Auto vorne keine Stoßdämpfe­r mehr. v. Lüttichau: Es kommt ja auch öfter vor, dass ich zu nah wohin parke. Das hat sich am Anfang so ergeben und ist inzwischen ein Running Gag.

Mögen die Zuschauer Sie vielleicht auch, weil Sie so schön scheitern?

Tramitz: Ja sicher, die beiden haben ja niemanden außer sich. Der eine hat die geschieden­e Frau, die ihm auf die Nerven geht, der andere gar nichts.

Dieses sympathisc­he Scheitern im Alltag verleiht dem Ganzen die Tiefe.

Tramitz: Schreiben Sie das. Das klingt gut. v. Lüttichau: Na ja, immerhin habe ich gehört, dass Herbert Achternbus­ch ein Zuschauer unserer Serie ist, Helmut Dietl hat sie zu Lebzeiten auch angeschaut. Selbst Dominik Graf hat sich als Zuschauer von „Hubert und Staller“geoutet. Also muss das Ganze wohl eine gewisse Tiefe haben.

Sie haben zwanzig Jahre lang als Schauspiel­er auf der Bühne gestanden. Sehnen Sie sich zurück?

v. Lüttichau: Gar nicht. Ich habe ganz bewusst, schon vor der Serie, mit dem Theaterspi­elen aufgehört. Ich fand, der Anspruch am Theater war irrsinnig hoch, doch was dann auf der Bühne stattfand, hat diesem Anspruch nicht standgehal­ten. Ich kann nicht „Das Prinzip Hoffnung“von Ernst Bloch bemühen und dann eine mittelmäßi­ge Theaterauf­führung bieten, für die man sich regelrecht geniert. Ich mochte auch die Hierarchie am Theater nicht. Da gibt es den Intendante­n, den Regisseur, dann kommt lange nichts, und dann erst das Ensemble. Diese hierarchis­chen Strukturen halte ich für veraltet.

Im Sommer kommt die neue „Bullyparad­e“ins Kino. Wie war das, nach so vielen Jahren wieder mit Bully Herbig zu drehen?

Tramitz: Das war schon lustig. Es war eine Reise in die Vergangenh­eit. Aber jeder hat sich weiterentw­ickelt. Der Bully hat viel Regie gemacht, ich habe wahrschein­lich die meiste Praxis, habe gedreht, gedreht. Rick (Kavanian) ist ein Stand-upFan, der alles auswendig kennt, also kommt da von jedem ein neuer Einfluss. Es wäre doch tragisch, wenn man genau das machen würde, was man vor 15 Jahren gemacht hat.

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FOTO: ARD In der ersten Folge der neuen Staffel „Der Winter kommt“observiere­n Hubert (Christian Tramitz, links) und Staller (Helmfried von Lüttichau) einen Bankräuber, der seine vergrabene Beute sucht.

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