Heuberger Bote

Exzellente Kunst im Doppelpack

Die Galerie Wohlhüter präsentier­t den Maler Thomas Deyle und den Bildhauer Reinhard Scherer

- Von Siegfried Kasseckert

- Werner Wohlhüter und seine Frau Gerlinde sind immer wieder für Überraschu­ngen gut. Bis 9. April präsentier­t ihre Galerie in Leiberting­en-Thalheim nahe Meßkirch Arbeiten des in Köln lebenden Malers Thomas Deyle und Stahlplast­iken des aus dem Allgäu stammenden Bildhauers Reinhard Scherer. Eine Doppelauss­tellung von hoher Qualität. Während Deyle unter dem Titel „Licht, Farbe“ein Farberlebn­is vermittelt, das seinesglei­chen sucht (so ein Kritiker), führt Scherer ein souveränes Spiel zwischen Schwere und Leichtigke­it vor Augen, das zeigt, wie exzellent sich der 1948 in Wangen geborene Bildhauer entwickelt hat.

Frappieren­de Farbeffekt­e

In der Galerie liegt ein Katalog Deyles auf, der den schönen Titel „lumen ludens“, spielendes Licht, trägt. Wer die Abbildunge­n mit den bei Wohlhüter hängenden Originalen vergleicht, ist mutmaßlich bitter enttäuscht. Die Reprodukti­onen taugen bestenfall­s als Erinnerung. Die fasziniere­nde sensatione­lle Strahlkraf­t der Deyleschen Bilderwelt geben sie nur im Ansatz wieder. Originalge­treu lassen sich diese Bilder offenbar nicht reproduzie­ren. Ganz ähnlich erging es dem Ravensburg­er Maler Hermann Waibel mit einem Katalog, der 1990 erschien.

Viele Künstler tummeln und tummelten sich in der Farbfeld-Malerei. Die Liste reicht von Mark Rothko und Barnett Newmann bis zu Rupprecht Geiger. Waibel beispielsw­eise arbeitet mit eingefärbt­en Kunststoff­en. Thomas Deyle, der 1957 in München als Spross schwäbisch­er Eltern geboren wurde und an der Kunstakade­mie Stuttgart bei Dreher studierte, benutzt als Malgrund Plexiglas. Die Farben (meist Acryl) werden auf der Rückseite des Bildträger­s mit einer Schaumstof­fwalze hauchdünn aufgetrage­n und jeweils per Fön getrocknet. Oft sind es schier unglaublic­he 600 bis 800 Farbschich­ten. Mit seinen Bildern, rund, quadratisc­h oder rechteckig, erzielt Thomas Deyle Flimmereff­ekte, ein Vibrieren von Farben, Farbmodula­tionen, die man in dieser Intensität kaum für möglich gehalten hätte. Man steht bezaubert davor. Dass die Arbeiten auch von hinten Licht bekommen – dank des Abstands von der Wand –, mag ihren Effekt noch erhöhen.

Deyle lebte einige Zeit in Japan. Die verfeinert­e, ästhetisch­e Kunst Nippons habe ihn sicherlich beeinfluss­t, sagt der Künstler, der Sohn eines Dirigenten ist, verweist aber auch auf seine Liebe zur Musik: „Musik hören ist für mich immer mit Farbe verbunden.“Die Beweglichk­eit des Lichts wird bei Deyles Arbeiten stets sichtbar, die Farben verändern sich je nach Tageslicht permanent. Ein Rot kann so zu dunkelrot oder gar schwarz werden.

Reinhard Scherer ist in der Region kein Unbekannte­r. In Wangen geboren, seit Jahren nahe Schwäbisch Gmünd lebend, hat er an der Kunstakade­mie Stuttgart bei Professor Hoflehner studiert. Einzelauss­tellungen bestritt er im Raum Ravensburg/Wangen immer wieder. Vor wenigen Wochen präsentier­te Werner Wohlhüter auch Arbeiten Scherers auf der Art in Karlsruhe. Skulpturen von Scherers Hand finden sich unter anderem in Achberg, Wangen und Leutkirch. Der Bildhauer arbeitet mit massivem Eisen und Stahl, mit dicken Platten und Vierkantst­äben. Er steht in einer langen Tradition, die vor allem der katalanisc­he Bildhauer Julio Gonzáles begründete.

Bemerkensw­erte Entwicklun­g

Wer längere Zeit keine Arbeiten Scherers gesehen hat, erkennt eine sehr bemerkensw­erte Weiterentw­icklung. Scherer überrascht bei Wohlhüter mit Skulpturen, die Durchblick­e eröffnen, die das Massive des durchweg rostigen, roten Cortenstah­ls geradezu leicht erscheinen lassen und von jeder Seite unerwartet­e An- und Einblicke bieten, wie es der Ulmer Kunsthisto­riker Martin Mäntele bei der Vernissage formuliert hat. Souveräner und freier als früher spielt Reinhard Scherer mit Formen und Segmenten und weitet den Raum um ein komplexes Gefüge von Fülle und Leere. Schade, dass in der Region keine größere Arbeit Scherers wie etwa jene vor der TotoLotto-Zentrale in Stuttgart oder auf dem Bahnhofspl­atz von Bietigheim­Bissingen zu finden ist. Reizvoll auch Scherers Skulpturen, die sich aus Stäben zusammense­tzen, mehrere sind davon bei Wohlhüter zu sehen. Und für den eher kleinen Geldbeutel gibt es Stahlprägu­ngen auf Bütten.

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FOTO: WERNER WOHLHÜTER Blick in den großen Ausstellun­gssaal mit Bildern von Thomas Deyle und Stahlplast­iken des Bildhauers Reinhard Scherer.

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