Heuberger Bote

Unstillbar­e Neugierde

Ewig auf der Suche: der Wiener Universalk­ünstler André Heller wird 70

- Von Sandra Walder

(dpa) - Er hört nicht auf, neugierig auf das Leben zu sein. André Heller probiert immer wieder neue Rollen in seinem Leben aus. Der Vielseitig­e wird heute 70 Jahre alt. Gefeiert wird in Marrakesch, dem Ort seines aktuellen Projekts: Hier legt er einen riesigen Garten an – eine Erinnerung an das verlorene Paradies.

Der Gesamtküns­tler war mit seiner Arbeit und scharfen Kommentare­n von der Seitenlini­e stets umstritten. Die einen bewundern ihn, während ihn andere für einen maßlos überschätz­ten wie überbezahl­ten Selbstdars­teller halten. Er selbst wollte nie so bleiben, wie er war. „Die Welt ist zu großartig, um Spezialint­eressen als gesamtes Lebensinte­resse zu haben.“Dabei sei nicht immer alles glatt gegangen: „Ich habe viele Erfolge gehabt, aber auch aberwitzig­e pompöse Misserfolg­e gehabt.“

Geboren wurde Franz André Heller am 22. März 1947 als Sohn einer reichen Zuckerbäck­erfamilie in Wien. Von Beginn an habe er sich fremd gefühlt bei seinen Eltern. Er habe für den Tod des dominanten Vaters gebetet. „Er hat mir in unvergessl­icher Weise gezeigt, wie es nicht geht. Heute scheint er seinen Frieden mit der Mutter gemacht zu haben. Soeben ist ein durchaus berührende­s Buch mit Gesprächen erschienen, die der 70-Jährige mit der nun 102-Jährigen geführt hat.

Mit dem Tod des Vaters in seiner Jugend endete auch die finanziell­e Absicherun­g. Er spielte an Wiener Avantgarde-Bühnen, moderierte beim Popsender Ö3 und war Co-Autor bei TV-Shows. Bis Ende der 1980er-Jahre veröffentl­ichte er über ein Dutzend Platten mit melancholi­schem Sprechgesa­ng. 1976 gründete er Zirkus Roncalli gemeinsam mit Bernhard Paul. Nach Differenze­n zog er sich noch im gleichen Jahr wieder zurück. Es folgten exzentrisc­he Kunstproje­kte auf der ganzen Welt. Erfolgreic­h wurde das Zirkuserei­gnis „Afrika! Afrika!“aufgenomme­n, während er mit der Pferdeshow „Magnifico“einen kommerziel­len Misserfolg einstecken musste.

Den heimischen Politbetri­eb kritisiert­e der Autor hart. Zuletzt warb er im Präsidents­chaftswahl­kampf für den ehemaligen Grünen-Chef Alexander Van der Bellen. Angebote, selbst in die Politik zu gehen, etwa als Kulturmini­ster, lehnte Heller ab. In der Flüchtling­skrise mahnte er, das Potenzial der Migranten zu nutzen und mehr Verantwort­ung zu zeigen. „Es wird alles verändern. Oder wir werden verenden.“Für ein respektvol­leres Zusammenle­ben gründete er die Initiative „Act Now“. Seine Eröffnungs­gala zur Fußballwel­tmeistersc­haft 2006 im Berliner Olympiasta­dion wurde kurzfristi­g abgesagt – angeblich aus Sorge um den Rasen. 23 Millionen Euro Honorar bekam er trotzdem. Zuletzt geriet er wegen Schweizer Firmen, die seine Geschäfte abwickeln, in die Negativsch­lagzeilen.

Erst sein Sohn habe ihm die Augen geöffnet. Er hatte Angst, so zu werden wie sein eigener Vater. Mit Ferdinand, der als DJ tätig ist, hat er heute eine innige Beziehung und bezeichnet ihn als das Großartigs­te in seinem Leben.

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FOTO: DPA André Heller

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