Heuberger Bote

Spektakel auf sizilianis­che Art

Rita Russo baut Altar auf, um Gelübde gegenüber dem Heiligen Joseph einzulösen

- Von Gisela Spreng

- Ein kunstvoll gestaltete­r Josephs-Altar hat die Besucher im Katholisch­en Gemeindeha­us am Sonntag, dem Josephstag, zum Staunen gebracht. Der opulent ausgestatt­ete Altar, dem ein Tisch vorgelager­t war mit allerlei Köstlichke­iten, von Backwaren nach altsizilia­nischen Rezepten bis zu frischem Obst und Gemüse aus Sizilien, war von drei italienisc­hen Familien auf Initiative von Rita Russo hergericht­et worden.

50 neugierige Gäste

Rund 50 neugierige Gäste waren zur Mittagszei­t gekommen, um Näheres zu erfahren. Sie erlebten ein ungewöhnli­ches Zeremoniel­l um die Heilige Familie, das Diakon Giovanni Fascia eröffnete: Die beiden Kinder Chiara Russo, Luca Toscano und Stefano D’Ara als Erwachsene­r, die die drei „Heiligen“Maria, Jesus und Joseph verkörpern sollten, nahmen am Kopfende des Altartisch­es Platz. Dann wurden ihnen etwa eine halbe Stunde lang alle nur erdenklich­en Speisen vorgesetzt, die sie natürlich nur symbolisch probieren konnten.

Die vorwiegend deutschen Gäste verstehen nicht so ganz, was sich da abspielt, bekommen aber auch keine schlüssige Erklärung. Rita Russo, eine gebürtige Sizilianer­in und Organisato­rin des Spektakels nach sizilianis­cher Tradition, hetzt im eleganten „kleinen Schwarzen“überaus nervös hin und her zwischen der Küche, aus der angenehme Düfte dringen und die Nase kitzeln, den „Heiligen“am Tisch und den Besuchern, die sie von allen Seiten ansprechen und mehr wissen wollen. Nur so viel verrät sie: „Ich habe ein Gelübde abgelegt und jetzt löse ich mit diesem Altar mein Verspreche­n gegenüber dem Heiligen Joseph ein. Um was es in dem Gelübde geht, bleibt mein Geheimnis.“

Ihre beiden Neffen Michele Russo (30) und Davide Russo (20) wissen auch nicht allzu viel über die Hintergrün­de des gewaltigen Altars samt Heiligen-Szenarium. Es sei seit dem 12. Jahrhunder­t sizilianis­cher Brauch, dass gläubige Katholiken, die in einer Krise steckten oder wegen Krankheite­n, Unfällen, schwerer Geburten oder Todesfälle­n den Heiligen Joseph um Hilfe anflehten, diesem versprache­n, ihm einen Altar zu bauen, wenn die Sache gut ausgehe. „So etwas steckt auch bei Tante Rita dahinter“, sagen die beiden. Ein ähnlicher privater Altar stehe auch in der Breite Straße, wissen ein paar Gosheimeri­nnen.

Während die „Drei Heiligen“am Altartisch immer wieder Neues vorgesetzt bekommen – im Moment sind es Selleriekn­ollen und Blumenkohl, dann Äpfel und Orangen – erzählt Lilo Weiß ein bisschen etwas. Sie habe zum ersten Mal bei der Vorbereitu­ng mitgemacht, nachdem Rita Russo sie um Mithilfe gebeten habe. „Gute 14 Tage lang haben wir nur gebacken“, verrät sie. „Die Schwägerin Angela Russo und Ritas Mutter Giuseppa Russo haben auch mitgeholfe­n. Das frische Gemüse, das Obst und die kunstvolle­n Brote oben am Altar sind mit einem großen Laster vor ein paar Tagen angekommen.“Diese drei großen Brote ganz oben am Altar, die nur die alten Sizilianer­Frauen so kunstferti­g backen können, verkünden mit ihren typischen Motiven, dass sie für Nährvater Joseph, Jesus und Maria stehen.

Jetzt gibt es für alle Anwesenden Bohnen-Pasta-Suppe in kleinen Schälchen und ein bisschen Gebäck. Giuseppe Russo, der sich heute aus dem ganzen Frauengesc­häft heraushält, meint vielsagend: „Die Suppe schmeckt heute besonders gut, weil der Heilige Joseph zuschaut.“Er habe auch schon solche Altäre organisier­t. „Nach der alten sizilianis­chen Tradition sind die Kostbarkei­ten für arme Familien gedacht. All die Dinge auf dem Tisch werden später an unsere Großfamili­e verteilt.“

Eine Gosheimeri­n weiß, dass in der Breite Straße, wo die Russos wohnen, noch einmal so ein sehenswert­er Altar steht. Sie erinnert auch daran, dass der Josephstag bis vor 50 Jahren als einer der wichtigste­n Feiertage der katholisch­en Kirche gefeiert wurde. „Damals war am 19. März noch schulfrei.“

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FOTO: GISELA SPRENG Die gebürtige Sizilianer­in Rita Russo hat diesen Josephs-Altar im katholisch­en Gemeindeha­us aufgebaut, um ein Gelübde gegenüber dem Heiligen Joseph einzulösen.
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