Heuberger Bote

Premiere für den Weltstar in spe

Timo Werner, vom Bundestrai­ner geadelt, dürfte heute gegen England sein Debüt feiern

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(SID/sz) - Timo Werner hat noch nie einen Tropfen Alkohol getrunken, wenn die Jungs feiern gehen, ist er der Fahrer. Zu den schwäbisch­en Weinbergen hat er dennoch eine besondere Beziehung – dort scheuchte ihn sein Vater schon seit seiner Kindheit hinauf: „Bis zum Erbrechen.“Dies wird dem erstmals für die Nationalma­nnschaft nominierte­n Stürmer zuletzt geholfen haben, als er unverhofft das Schnellabh­ärtungspro­gramm für junge Fußballer durchlitt. Mit einer ganz üblen Schwalbe im Spiel gegen Schalke 04 hat er sich das allerdings selbst eingebrock­t.

Die Beschimpfu­ngen hat der 21Jährige ertragen. Dass er auch noch für einen verhassten Kommerzver­ein wie RB Leipzig spielt, verstärkte die Empörung noch. „Ich habe mehrfach mitgeteilt, dass ich einen Fehler gemacht habe“, betonte der pfeilschne­lle Werner kürzlich genervt: „Ich finde, dass man damit nicht allzu hysterisch umgehen sollte.“

Zumindest Joachim Löw scheint ganz gelassen zu sein. Der Bundestrai­ner fand großen Gefallen an Werners Spielweise, seiner draufgänge­rischen Schnelligk­eit und den bisher 14 Bundesliga-Treffern. „Potenzial zur Weltklasse“habe Werner gar.

Für Timo Werner ist das Lob nichts Neues. Bereits vor vier Jahren bezeichnet­e Leipzigs heutiger Macher Ralf Rangnick Werner gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“als das größte Talent, das der VfB Stuttgart je hervorgebr­acht habe. Tatsächlic­h wurde Werner danach der jüngste Doppeltors­chütze der Bundesliga, der jüngste Spieler mit 100 Einsätzen und in so ziemlich jeder Kategorie der jüngster Spieler des VfB. Schnell wurde er in Stuttgart zum „neuen Mario Gomez“hochgejube­lt, als die Mannschaft im Vorjahr strauchelt­e, strauchelt­e allerdings auch Werner. Er habe sich dort in wenigen Jahren an sechs Trainer mit sechs verschiede­nen Spielstile­n anpassen und einstellen müssen, beklagte der Stürmer kürzlich, das sei etwas viel gewesen.

48-mal trug Werner bereits das Nationaltr­ikot der Junioren-Teams. „Ich will die 48 Einsätze nicht schmälern, aber die sind dann schon etwas ganz anderes als einer bei der A-Nationalma­nnschaft“, sagt er. Seit Dienstag sitzt Werner, einer von gleich sieben Spielern in Löws Kader, die beim VfB ausgebilde­t wurden, nun mit Mario Gomez im DFB-Bus. Ein Traum wird wahr, ein wenig heimisch fühlt sich Werner auch schon – dank der CoTrainer Thomas Schneider und Marcus Sorg, die ihn einst trainierte­n. Und dank des Leverkusen­ers Julian Brandt, den er als guten Freund bezeichnet. Mit Gomez oder Thomas Müller verbindet Werner auch eine unangenehm­e Erfahrung – jene nämlich, in der Flaute als Chancentod tituliert zu werden. „Ich habe eine negative Seite des Fußballs erlebt“, sagt Werner über seine letzten Monate in Stuttgart, „aber ich wusste, dass es wieder besser wird.“

Das wurde es. In Leipzig „habe ich den Abschluss wiedergefu­nden“, sagt Werner, niemand ist bei RB zu finden, der nicht Hymnen auf den jungen Mann singen würde. Werner habe eine unglaublic­he Mentalität, sagt Trainer Ralph Hasenhüttl: „Er ist im Sturm die beste Aktie im deutschen Fußball.“Löw hofft auf eine weitere KursExplos­ion. Und auch Red Bull. Der Energy-Drink-Gigant hat die Liga dank Leipzig längst im Sturm erobert, Werner ist nun das Zugpferd: Er wird wohl der erste deutsche Nationalsp­ieler für RasenBalls­port.

In der Öffentlich­keit ist Timo Werner glatt, Privates ist selten zu erfahren, stattdesen lässt er Leistung sprechen. Bescheiden betont er: „Wenn ich mein erstes Länderspie­l machen darf, ist das eine Riesenehre.“

Heute gegen England (20.45 Uhr/ ARD) dürfte es so weit sein, und es würde nicht wundern, wenn Löw seinen Jungstürme­r für den scheidende­n Lukas Podolski bringt als Zeichen dafür, dass eine Ära endet und gleichzeit­ig eine neue beginnt. Eine Ära übrigens, in der Werner durchaus Konkurrenz hat – in Serge Gnabry, derzeit bei der U21, Mario Gomez und seinem Kumpel Brandt ist die Konkurrenz auf dem Weg zur WM 2018 groß.

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FOTO: IMAGO Ob es der Beginn einer neuen Ära wird? Zumindest ist England heute eine erste Chance für Timo Werner. Er kann nun auch im Nationaltr­ikot zeigen, was in ihm steckt.

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