Journalistin genötigt: Verfahren eingestellt
Chef der Sicherheitsfirma Ever Safe entschuldigt sich und bezahlt 300 Euro
- Vor dem Tuttlinger Amtsgericht ist am Dienstagmorgen das Verfahren gegen den Chef der Tuttlinger Sicherheitsfirma Ever Safe gegen Auflagen eingestellt worden. Der 47-Jährige war angeklagt worden, weil er im Februar 2016 eine Journalistin des Gränzboten weggestoßen und sie zum Löschen von Bildaufnahmen gezwungen haben soll, als sie seinen Unternehmenssitz filmte und fotografierte.
Die Firma Ever Safe stand vor gut einem Jahr im Fokus der Öffentlichkeit: Das Unternehmen war mit der Bewachung der Bedarfsorientierten Erstaufnahmestelle (BEA) in Villingen-Schwenningen beauftragt worden. Wie berichtet, gab es einen Handgranatenanschlag auf den Wachcontainer von Ever Safe, ausgeübt von Mitarbeitern eines konkurrierenden Security-Dienstes.
Deshalb machte die Journalistin Bild- und Filmaufnahmen von Ever Safe in Tuttlingen, vom öffentlichen Gehweg vor der Garage des Anwesens, wie sie bei der Polizei aussagte. Laut Anklage, die Staatsanwältin Barbara Obert verlas, hat der Chef der Firma, der in Begleitung zwei seiner Angestellten war, die Journalistin erst gegen die dortige Garage geschubst und sie dann in einer verbalen Auseinandersetzung aufgefordert, die Aufnahmen zu löschen. Dabei habe er darauf verwiesen, dass er schon mehrere Journalisten verprügelt habe, sie erneut geschubst und am Weggehen gehindert. Die Anklage lautete auf Körperverletzung und Nötigung.
Strafbefehl nicht akzeptiert
Gegen den Strafbefehl hatte der 47Jährige Einspruch eingelegt, sodass es zum Verfahren kam. Die Staatsanwältin wies dabei auf das besondere öffentliche Interesse des Falls hin.
„Das hat mir alles zu schaffen gemacht“, gab der Mann vor Gericht an. Mit dem Handgranatenwurf habe er zwar nichts zu schaffen gehabt. Dennoch kündigte sein Auftraggeber – der Angeklagte sprach von der Bundesregierung – das Arbeitsverhältnis fristlos. Nach eigenen Angaben sitze er auf einem Schuldenberg von rund 500 000 Euro. Eine Summe, die sich durch dieses berufliche Desaster ergeben habe. „Ich habe die Rechnung nicht beglichen bekommen“, sagte er. Die Gehälter seiner Mitarbeiter hätten sich summiert, vom Finanzamt liege ihm eine Forderung in Höhe von 280 000 Euro vor, andere Gläubiger gelte es zu bedienen. „Ich war zwar laut und wahrscheinlich auch bedrohlich, aber ich habe die Frau nicht geschubst und nicht angefasst“, sagte er vor Gericht. Er habe nicht gewollt, dass er auf den Bildern zu sehen sei, gleiches galt für seinen Schwiegervater und seine Tochter, so habe er sich die Fotos zeigen lassen. „Deshalb kam es zu der Nähe zu ihr.“Zudem seien die Aufnahmen auf dem Firmengrundstück entstanden.
„Das geht so nicht“
„Es ist mir egal, ob sie sie geschubst haben oder nicht, das geht so nicht“, antwortete ihm Richterin Larissa Terlecki. „Sie war ganz alleine und hat ihren Job gemacht.“Sie stellte dem Mann das Einstellen des Verfahrens in Aussicht, wenn er sich „ordentlich entschuldige“und 300 Euro an die Journalistin bezahle.
Das tat er dann an Ort und Stelle: Die Mitarbeiterin des Gränzboten war als Zeugin geladen, eine Aussage vor Gericht war aber nicht notwendig. Sie nahm die Entschuldigung an, das Geld zahlte ihr der Mann in bar aus – damit ist das Verfahren eingestellt.