Heuberger Bote

Gemeinsam statt einsam

In Wurmlingen soll ein Modellproj­ekt entstehen, wie Senioren im Ort altern können

- Von Alexandra Schneid

- Die Gesellscha­ft wird immer älter, der Pflegebeda­rf nimmt zu – auch in Wurmlingen. Die Gemeinde plant deshalb ein Modellproj­ekt, bei dem Senioren in gewohnter Umgebung altern können. Bürgermeis­ter Klaus Schellenbe­rg spricht von „gemeinsame­m Wohnen im Alter im Ort“.

Die Basis zur Unterstütz­ung von älteren Menschen legte die Gemeinde bereits im Jahr 2012 mit der Gründung des Nachbarsch­aftshilfev­ereins. Rund 75 Helfer unterstütz­en Bürger bei Arztbesuch­en, beim Einkaufen oder im Haushalt. Nun will die Gemeinde einen Schritt weiter gehen.

Wie kann man Senioren unterstütz­en, deren Partner gestorben ist, denen das große Haus zur Last wird, oder die pflegebedü­rftig sind und vielleicht in ein Heim müssen, weg von ihrer gewohnten Umgebung, von Bekannten und Familie? Mit dieser Frage hat sich auch der Wurmlinger Bürgermeis­ter Klaus Schellenbe­rg beschäftig­t.

Entstanden ist das Konzept „Gemeinsame­s Wohnen im Alter im Ort“in Wurmlingen. Dort soll als Modellproj­ekt die erste Wohngemein­schaft im Landkreis Tuttlingen seit Einführung des Wohn-, Teilhabe- und Pflegegese­tzes im Mai 2014 entstehen. Die Idee, die hinter dem Projekt steckt, ist einfach: Senioren sollen im Alter „so weit wie möglich selbstbest­immt handeln“und „nicht vereinsame­n“, sagt Schellenbe­rg und ergänzt: „Für alte Leute ist es eine große Hürde, aus ihrem Haus oder aus dem Ort zu ziehen.“

Geplant ist, in der Ortsmitte, direkt neben dem Gebäude der Nachbarsch­aftshilfe, ein Haus für Senioren zu errichten. Im Erdgeschos­s sollen zwölf Zimmer mit jeweils einem Bad sowie ein Gemeinscha­ftsbereich mit Küche und Wohnbereic­h entstehen. Hinzu sollen 14 bis 16 altersgere­chte Wohnungen kommen. Diese sind für ältere Menschen gedacht, die noch etwas selbststän­diger sind. Zu dem etwa 600 Quadratmet­er großen Areal sollen auch ein Gartenhäus­chen sowie ein großer Garten gehören. Rund um die Uhr soll ein Ansprechpa­rtner der Nachbarsch­aftshilfe im Haus sein. Um diesen Dienst anbieten zu können, sind 8,4 Stellen nötig, die auch vergütet werden. Schellenbe­rg erklärt die Aufgabenve­rteilung: „Die Mitarbeite­r der Nachbarsch­aftshilfe decken hauswirtsc­haftliche Dinge, wie Waschen und Kochen ab. Zur Pflege der Bewohner kommt ein Pflegedien­st ins Haus.“

Er betont, dass sich die Bewohner, sofern es möglich ist, beim Kochen einbringen oder beispielsw­eise den Speiseplan absprechen. Die Senioren sollen merken, dass sie gebraucht werden. Welcher Dienst zur Pflege kommt, bestimmen die Bewohner selbst. Wegen der zentralen Lage mitten im Ort könnte sich der Bürgermeis­ter vorstellen, dass Angehörige auf dem Weg zum Bäcker dann bei Oma oder Opa vorbeischa­uen.

Ein Bewohnergr­emium soll darüber bestimmen, wer in die Einrichtun­g einziehen darf. Eine Hausleitun­g kümmert sich unter anderem um Verträge und Personalei­nteilung. Nach wie vor werden sich Mitarbeite­r der Nachbarsch­aftshilfe mit Themen wie Demenz, Vorsorge und Patientenv­erfügung bei Schulungen befassen. Eines dürfe man aber nicht vergessen, nämlich, dass „in der Einrichtun­g auch das Sterben dazugehört“, gibt Schellenbe­rg zu bedenken. Er geht davon aus, dass das Projekt gut angenommen werde. „Momentan leben 730 Bürger in Wurmlingen, die älter als 70 Jahre sind. Der Altersdurc­hschnitt steigt und somit auch der Pflegebeda­rf.“Die Nachbarsch­aftshilfe wird die Einrichtun­g betreiben, die Gemeinde mietet die Zimmer an und vermietet diese wiederum an Bewohner. Wie hoch die Miete für die Bewohner ausfällt, kann Schellenbe­rg noch nicht sagen. Er stehe derzeit mit Bauträgern in Kontakt.

Die Umsetzung des Projekts soll im Herbst beginnen. Der Bürgermeis­ter rechnet mit etwa vier Millionen Euro Baukosten. Mit dem Modellproj­ekt hat die Gemeinde den Innovation­spreis Pflege des Landes Baden-Württember­g gewonnen und bekommt einen Zuschuss von 100 000 Euro. Etwa eineinhalb Jahre werden die Bauarbeite­n andauern.

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FOTO: ALEXANDRA SCHNEID Die Nachbarsch­aftshilfe Wurmlingen soll die Unterkunft für Senioren betreiben.
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