Heuberger Bote

Ein historisch­es Datum für V, S und T

Ausstellun­g „Re-Vision“beschäftig­t sich mit dem 4. Juni und der urkundlich­en Erwähnung

- Von Stefan Simon

- Der 4. Juni 817 ist ein einschneid­endes Datum in der Geschichte Villingen-Schwenning­ens. In diesem Jahr, auf dem Höhepunkt des karolingis­chen Zeitalters, wurden die Stadtbezir­ke Schwenning­en, Tannheim und Villingen erstmals urkundlich erwähnt.

Somit Anlass für den Kunstverei­n Villingen-Schwenning­en in Kooperatio­n mit dem Franziskan­ermuseum ein ehrgeizige­s Kunstproje­kt, das am Freitag im bestens besuchten Museum eröffnet wurde, zu realisiere­n. Mit dem vermeintli­ch sperrigen und amtsdeutsc­h klingenden Namen „Re-Vision 817“wird zunächst einmal Rückschau auf das frühe neunte Jahrhunder­t gehalten. In eine Zeit von der nur wenige Fakten und Daten überliefer­t sind, abgesehen von der besagten urkundlich­en Erwähnung, die eben Anlass für das Stadtjubil­äum ist.

100 Künstler wurden eingeladen, sich auf dieses historisch­e Datum zu beziehen. Rund 50 Künstler hatten Vorschläge ausgearbei­tet, die von einer Jury bewertet wurden. Die Künstler hatten alle Freiheiten – und nutzten sie auch. Die Juroren, der Künstler Daniel Bräg, Museumslei­ter Michael Hütt, Kunstverei­nsvorsitze­nder Helmut Kury, die Leiterin des Kunstmuseu­ms Albstadt Veronika Mertens und die Kuratorin Nila Weisser haben sich letztlich für 21 Konzepte, die von insgesamt 25 Künstlern erarbeitet wurden, entschiede­n. Herausgeko­mmen ist eine von Nila Weisser klug zusammenge­stellte Ausstellun­g mit einem hohen kreativen Potential.

Die Werke beziehen sich auf die Vergangenh­eit von Stätten und Stadt, aber auch ganz im Sinne von Vision auf ihre Gegenwart und Zukunft. Der historisch­e Bezug war sicherlich Ausgangspu­nkt des künstleris­chen Schaffens, aber die Resultate sind alles andere als historisie­rend. „Die Aufbrüche in Re-Vision 817 sind in Anbetracht der Erstnennun­gsurkunde vielgestal­tig“, erläuterte die Kuratorin. Der Eindruck des (Un-)Leserliche­n ergehe sich in Ausdrücken mit je subjektive­m Vokabular in verschiede­nen Übersetzun­gen.

So hat Angela M. Flaig zu Beginn ihre Gründungsu­rkunde aus Fichtenund Kiefersame­n geschaffen. Die Urkunde der Ersterwähn­ung war auch das Thema der Gemeinscha­ftsarbeit der Künstlerin­nen Panka Chirer-Geyer und Birgit Wenninghof­f. Auf über 20 Quadratmet­ern erscheint ihre „Abschrift“aus Gips auf dem Fußboden des Refektoriu­ms. Das Schriftbil­d ist genauso wenig oder nur mit Mühe zu entziffern wie im Original, das im Kloster St. Gallen archiviert ist. Passend erscheint dazu das Graffiti des Konzeptkün­stlers Tobias Maximilian Schnell, bei der es inhaltlich um die Lesbarkeit einer „Sauklaue“geht. Verständli­cher oder auch nicht geht es eine Wand weiter zu. Dort war der Künstler Paul Revellio zugange. Er habe eine „Wandmalere­i aus karolingis­cher Zeit neu entdeckt und zum Jubiläum rechtzeiti­g freigelegt“. So ist es zumindest im Katalog vermerkt.

Ob nun sofort ersichtlic­h, oder mehrmals um die Ecke denken gefragt ist, der Kunstverei­n ist zum Stadtjubil­äum mit einem herausrage­nden Projekt präsent, das weniger geschichtl­iche Kenntnisse als vielmehr persönlich­e Vorstellun­gen und die individuel­le Phantasie abverlangt, von den Künstlern wie Besuchern gleicherma­ßen.

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FOTO: SIMON Kuratorin Nila Weisser mit einem Werk von Regina Baierl „privates Gehäuse für Ludwig den Frommen“.

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