Clowin findet Zugang zu Kindern im Frauenhaus
Wenn Mütter misshandelt werden, spüren das auch Kinder
(pm) - Wie bekommt man Zugang zu Kindern, die Gewalt in der Familie erlebt haben? Der Tuttlinger Frauenhausverein hat nun ein neues Projekt gestartet: An vier aufeinander folgenden Donnerstagen besuchte der Gesundheitsclown Sandra Schüssler alias „Pipilotta“mit ihrer Handpuppe Rosalie die Kinder, die derzeit mit ihren Müttern im Frauenhaus leben.
Wenn Mütter misshandelt werden, sind die Kinder immer mitbetroffen: Sie sehen, hören und spüren die Gewalt, die gegen die Mutter ausgeübt wird. Und sie werden Zeuge, dass es in den meisten Fällen der Vater war, der zum Gewalttäter wurde.
Im Frauenhaus leben derzeit fünf Frauen mit zehn Kindern. Sieben Kinder nahmen an den Nachmittagen teil. Die Kinder im Alter von vier bis zehn Jahren waren sichtlich begeistert und erzählten noch die ganze Woche über von ihren Erlebnissen mit dem Clown und der Schnecke Rosalie, so der Frauenhausverein in einer Pressemitteilung.
Das Spiel ist eingebettet in einen ritualisierten Ablauf, jedes Kind hat die Möglichkeit, „Pipilotta“etwas anzuvertrauen, beendet werden die Besuche immer mit demselben Abschiedslied. „Kinder verarbeiten Traumata komplett anders als Erwachsene“, erklärt Sandra Schüssler. „Um den Weg zu ihnen zu finden, bedarf es eines speziellen Spielkonzeptes.“Dieses Spiel, so Schüssler, sei der Königsweg für die therapeutische Arbeit mit Kindern.
Zum Spiel gehört auch das Schlüpfen in andere Rollen. Schüssler wird zur Fantasiefigur „Pipilotta“, und diese tauscht sich mit ihrer schneckenförmigen Puppenfreundin Rosalie aus. Gemeinsam sprechen sie über Emotionen wie Angst, Wut, Trauer und Freunde. Als Zuhörer dieses Gesprächs lernen Kinder, ihre Emotionen zu erkennen, zu benennen, sich zu schützen und Stärke zu entwickeln.
Nur möglich durch Unterstützung
Möglich wurden die Besuche von „Pipilotta“durch die Förderung durch die Bürgerstiftung. „Normalerweise würde das Budget des Frauenhauses dafür nicht ausreichen“, so der Verein. Dank der Förderung, die das Frauenhaus von der Bürgerstiftung für 2017 erhielt, kann „Pipilotta“in diesem Jahr noch weitere Besuche bei den Kindern im Tuttlinger Frauenhaus machen.