Heuberger Bote

Islamexper­te

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Für ihn gehört der Islam zu den Fundamente­n europäisch­er Kultur. Als Mittelalte­rhistorike­r mischt sich (68) oft in aktuelle Konflikte ein und widerspric­ht dabei Politikern, die auf Abgrenzung setzen. Jetzt soll der Wissenscha­ftler federführe­nd den Aufbau des neuen Instituts für Islamische Theologie an der HumboldtUn­iversität Berlin übernehmen. Als Gründungsd­irektor wird er die Arbeitsgru­ppe zur Errichtung des Instituts leiten.

Borgolte war von 1991 bis 2016 Professor für Geschichte des Mittelalte­rs an der Humboldt Universitä­t und ist dort weiter als Senior Researcher tätig. Er gilt im Wissenscha­ftsbetrieb als gut vernetzt. 2012 gründete er mit seiner Frau die „Michael-und-Claudia-BorgolteSt­iftung zur Förderung der Geschichts­wissenscha­ften“. 2011 erhielt er den renommiert­en, mit 2,5 Millionen Euro dotierten Europäisch­en Förderprei­s.

Weit früher als andere hat der in Braunschwe­ig geborene Historiker die Perspektiv­e der Mittelalte­rforschung von Christentu­m und Judentum auf den Islam geweitet. Europa sei historisch so erfolgreic­h, weil es sich ständig produktiv mit fremden Einflüssen auseinande­r gesetzt habe, hält er allen Anhängern eines Bildes vom einheitlic­hen christlich­en Abendland entgegen. „Europas Geschichte ist besonders dynamisch geworden, weil jede erreichte Einheit durch aufbrechen­de Dissonanze­n sogleich wieder infrage gestellt wurde.“

Indirekt sieht der Historiker den Islam sogar als Geburtshel­fer Europas, obwohl sich die Muslime nur an den Rändern des Kontinents festsetzen konnten. Durch ihre Eroberunge­n des vormals christlich­en Nordafrika­s, Persiens und des Kaiserreic­hs von Byzanz hätten sie die antike Einheit der Mittelmeer­welt zerstört und Europa auf sich selbst verwiesen: „Jetzt erst, seit dem achten Jahrhunder­t, entdeckte Europa sich selbst.“(KNA)

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