Heuberger Bote

Das Land wird im Netz verteidigt

- Von Nico Pointner, dpa

Pixel statt Panzer: Das Internet gilt als Schlachtfe­ld der Zukunft. Die Bundeswehr stellt eine neue Armee zur Abwehr von Cyber-Attacken auf. Aber auch Angriffe gehören zum Programm.

Die Szenarien sind düster: Saboteure legen Krankenhäu­ser und Stromnetze lahm. Hacker greifen die Steuerungs­einheiten von Atomkraftw­erken an. Attentäter zerstören die digitale Infrastruk­tur und schicken die Bundesrepu­blik zurück in die Steinzeit. Auch wenn Horror-Szenarien vom Cyberkrieg bislang vor allem über Filmleinwä­nde spuken: Die digitale Bedrohung ist längst real.

Das Verteidigu­ngsministe­rium warnt: „Cyber-Angriffe auf Staaten und deren kritische Infrastruk­turen sind schon lange Realität.“Die Bundeswehr stellt deshalb eine Art neue Teilstreit­kraft auf. Neben Heer, Marine und Luftwaffe wird eine Organisati­onseinheit mit 13 500 Soldaten und zivilen Mitarbeite­rn aufgebaut. Der Begriff Cyber-Armee weckt aber falsche Vorstellun­gen. Mehr als 20 000 Soldaten und Zivilisten beschäftig­en sich bereits in Dutzenden Referaten und Dienststel­len mit dem Thema. Bisher sind sie aber in vielen unterschie­dlichen Abteilunge­n untergebra­cht. Die vorhandene­n Fähigkeite­n werden nun gebündelt.

Allein in den ersten neun Wochen des Jahres zählte die Behörde 284 000 Cyber-Attacken auf die Rechner der Streitkräf­te. „Wir müssen viel mehr tun, um unsere Systeme zu schützen“, sagt der SPD-Verteidigu­ngsexperte Rainer Arnold. Einst lautete die Devise, Deutschlan­d am Hindukusch zu verteidige­n. „Künftig wird die Sicherheit Deutschlan­ds auch im Cyber- und Informatio­nsraum zu verteidige­n sein“, heißt es nun im Ministeriu­m.

Der Schwerpunk­t soll zwar auf Verteidigu­ng liegen. Die CyberTrupp­e soll aber auch zu Angriffen in der Lage sein. Die Bundeswehr übt bereits seit vielen Jahren Cyber-Attacken in einer kleinen, geheim agierenden Einheit in Rheinbach bei Bonn. Der offensive Cyberkrieg wirft Fragen auf. Grünen-Verteidigu­ngsexperti­n Agnieszka Brugger sieht darin „erhebliche Gefahren und ein großes Eskalation­spotenzial“. Das Eindringen ins Datennetz eines Gegners müsste – wie Einsätze mit Jets, Schiffen und Panzern – vom Bundestag genehmigt werden. „Der Einsatz der Bundeswehr im Cyberraum unterliegt denselben rechtliche­n Voraussetz­ungen wie jeder andere Einsatz deutscher Streitkräf­te“, schreibt das Ministeriu­m.

Für den Krieg der Zukunft muss die Bundeswehr aber erstmal die Reihen der Informatik­er-Armee füllen. Allein in diesem Jahr sucht die Truppe rund 1000 IT-Soldaten und 800 IT-Administra­toren. Die Bundeswehr konkurrier­t mit der freien Wirtschaft um Experten. Für eine „Cyber-Reserve“sollen ungediente Freiwillig­e und Seiteneins­teiger gewonnen werden. Die Besoldung müsse wettbewerb­sfähig gemacht werden, fordert Arnold. Gerade weil aber die Konkurrenz in dem Bereich so groß ist, will die Truppe selbst ITFachkräf­te ausbilden. In München etwa entsteht an der Bundeswehr­Uni ein Cyber-Forschungs­zentrum und ein Master-Studiengan­g.

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