Heuberger Bote

Wo das Leben rau ist und wehtut

Hart, direkt, urban: „Tiger Girl“von Jakob Lass

- Von Dieter Kleibauer

Jakob Lass hat mit seinem Film „Tiger Girl“ein neues Genre erfunden, sagt er. „Martial Arthouse“nennt er seinen Mix aus trashigen Straßenkäm­pfen und dem Anspruch des Low-Budget-Kunstfilms. Und man staunt: Es funktionie­rt.

Berlin: Maggie ist eine gescheiter­te Polizeisch­ülerin, die sich in einem Security-Unternehme­n ausbilden lässt. Als sie in der U-Bahn von drei Typen attackiert wird, hilft ihr wie ein Schutzenge­l mit Fluppe im Mund die toughe Tiger, die mit ein paar Freunden in einem alten Bus als Aussteiger­in lebt, sich mit nicht immer legalen Jobs über Wasser hält. Die beiden ungleichen Mädchen werden Freundinne­n; Tiger nennt die schüchtern­e Maggie ironisch „Vanilla the Killa“und bringt ihr Selbstbewu­sstsein bei.

Improvisie­rte Dialoge

Regisseur und Co-Autor Jakob Lass hat vor vier Jahren mit „Love Steaks“einen Festival- und Kritiker-Hit gelandet: Für eine Handvoll Euro produziert, das Drehbuch nur als Gerüst für improvisie­rte Dialoge, an denen die Schauspiel­er mitwirken, schnell und schmutzig mit kleinem Aufwand gedreht. Für „Tiger Girl“hatte er immerhin ein größeres Budget zur Hand – das man dem Film kaum ansieht.

Ein seltsames Paar ist das: Bei Tiger und Vanilla, Lehrerin und Schülerin zu Beginn, verändert sich die Beziehung. So wie Vanilla sich regelrecht aufpumpt, immer mehr aus dem Ruder läuft, gewalttäti­ger wird, desto mehr nimmt sich Tiger zurück, als sie sieht, welche Geister sie geweckt hat – eine Konstellat­ion, die, wenngleich in einer anderen Liga, an „Thelma und Louise“erinnert.

Jakob Lass hat zwei gute Schauspiel­erinnen zur Hand, Maria Dragus, die als Kind schon in Hanekes „Weißem Band“mitgewirkt hat, als Vanilla und die Deutsch-Französin Ella Rumpf als unstete Tiger.

„Tiger Girl“ist direktes, hartes, urbanes Kino, das beim Zusehen manchmal schmerzt. Vielleicht ist das auch ein Problem des Films: Beide Hauptfigur­en werden einem nie sympathisc­h. Lass und sein Team schauen dorthin, wo das Leben rau ist und wehtut. Er arbeitet bereits an seinem nächsten Film, der, wie er sagt, „möglicherw­eise die erste improvisie­rte Adaption eines Romans aller Zeiten “werden soll.

 ?? FOTO: CONSTANTIN FILM VERLEIH GMBH ?? Ein seltsames Paar: Vanilla the Killa (Maria Dragus, links) und Tiger (Ella Rumpf).
FOTO: CONSTANTIN FILM VERLEIH GMBH Ein seltsames Paar: Vanilla the Killa (Maria Dragus, links) und Tiger (Ella Rumpf).

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