Heuberger Bote

Symbolpoli­tik allein reicht nicht

- Von Jochen Schlosser j.schlosser@schwaebisc­he.de

Die Polizei ermittelt in alle Richtungen. Hinter diesem banalen Satz steckt die schlimme Erkenntnis aus den Dortmunder Anschlägen: Der Wahnsinn ist Teil unseres Alltags geworden. Vom Axt-Attentäter im Zug bei Ansbach über den Lkw-Anschlag auf den Berliner Weihnachts­markt bis zum beinahe gesprengte­n Borussia-Bus. Längst ist klar, dass es keine Wohlfühloa­sen mehr gibt. Sich angesichts der unsicheren Weltlage damit zu trösten, am Abend entspannt wie eh und je zum Fußball oder zum Konzert zu gehen, ist passé.

Die Experten debattiere­n darüber, ob der Attentäter islamistis­ch motiviert oder vom IS ferngesteu­ert war. Dabei ist das egal: Dass Irre mit kruden Bekennersc­hreiben um die Urhebersch­aft der Angriffe wetteifern, zeigt, welche Wirkung die Attentate auf die westliche Welt haben: Die Saat der Gewalt ist aufgegange­n, die Staaten wirken machtlos.

Natürlich darf man sich dem Terror nicht beugen, natürlich darf die Angst nicht siegen, natürlich muss den kranken Hirnen mit gesundem Menschenve­rstand begegnet werden. Dass die Partie direkt am Tag danach stattfinde­n musste, darf man dennoch für falsch halten. Es ist ein allzu schneller Übergang zur Normalität. Den Bürgern seit Jahren nach jedem Anschlag dieselben Weitermach­en-Plattitüde­n aufzutisch­en, ist eh wenig hilfreich. Angemessen­er wäre, die Regierende­n würden Maßnahmen benennen, die sie ergreifen.

Nicht jedes Trottoir in Deutschlan­d kann überwacht werden. Dennoch muss schon im Kleinen alles getan werden, was in Sachen Sicherheit getan werden kann – von der Videoüberw­achung über den Betonpolle­r bis zu härteren Kontrollen. Dass Frau Kraft und Herr de Maizière solidarisc­h im Stadion sitzen, ist nett. Besser wäre, sie würden mehr Geld für die überlastet­e Polizei bewilligen. Besser wäre, sie würden Gefährder konsequent­er überwachen und abschieben. Symbolpoli­tik reicht nicht.

Zu hoffen, dass der Weltfriede­n kommt und sich der Terror in Wohlgefall­en auflöst, ist illusorisc­h. Um dies zu erkennen, genügt an diesem Mittwoch ein Blick nach Moskau.

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