Heuberger Bote

Paulo Dybala erobert Europa

Nach dem 3:0 über Barcelona wird der Juventus-Angreifer als Messi-Nachfolger gefeiert

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(dpa/SID) - Das zerfurchte Gesicht und die roten Augen von Luis Enrique sagten schon alles. Nach dem 0:3 des FC Barcelona im Viertelfin­alHinspiel der Champions League bei Juventus Turin überkamen den Trainer böse Erinnerung­en. „Ich hatte das Gefühl, einen Albtraum wiederzuer­leben“, erklärte der 46-Jährige in Anspielung auf das 0:4 der Katalanen im Achtelfina­le bei Paris Saint-Germain.

Noch nie – auch nicht an der Seine – hatte der Coach so geknickt gewirkt. Er murmelte vor den Journalist­en: „Das war traurig, das war schlimm.“Regisseur Andrés Iniesta klagte: „Wir haben fast alles falsch gemacht.“Und Barças deutscher Torwart MarcAndré ter Stegen räumte nach der Pleite gegen die Elf seines Nationalte­amkollegen Sami Khedira ein: „Das war eine harte Nacht.“

Die in Barcelona erscheinen­de Zeitung „Sport“schrieb bereits vom „Ende einer Ära“. Der Kader müsse sofort umgekrempe­lt werden. Die harte Kritik reichte in den spanischen Medien von „lächerlich­e Leistung“bis „Verfallsda­tum abgelaufen“. In Italien sieht man derweil eine Wachablösu­ng in Europa herannahen. „Juventus macht Angst, Juventus könnte Geschichte schreiben“, jubelte die „Gazzetta dello Sport“.

Schafft es Juve, den dritten Titel in der Königsklas­se zu holen nach 1985 und 1996? Von Tiefstapel­ei hält Coach Massimilia­no Allegri jedenfalls nichts. „Es gibt keinen Grund, den Enthusiasm­us zu dämpfen“, sagte er.

Bei der Revanche für das Finale von 2015, das Barcelona in Berlin mit 3:1 gewann, deutete sich auch eine andere Wachablösu­ng an. Der junge Argentinie­r Paulo Dybala stellte seinen Landsmann und fünfmalige­n Weltfußbal­ler Lionel Messi in den Schatten. Der 23-Jährige brachte Italiens Serienmeis­ter mit einem Doppelpack (7./22.) auf Halbfinalk­urs, ehe Giorgio Chiellini (55.) per Kopf nachlegte,

Barca-Torwart ter Stegen musste schon früh eingreifen. Juventus-Stürmer Gonzalo Higuain kam völlig frei zum Kopfball, setzte ihn aber direkt auf den Ex-Gladbacher (4.). Juventus attackiert­e früh und drückte Barca im achten Duell der Schwergewi­chte in die eigene Hälfte. Das zahlte sich schnell aus: Dybala traf aus der Drehung ins lange Eck zum 1:0 und war nach klugem Rückpass von Mario Mandzukic auch beim 2:0 zur Stelle. Es war sein achtes Tor in den jüngsten sieben Heimspiele­n. Bereits vor der Partie war Dybala als Neuzugang bei Barcelona gehandelt worden. Allerdings hätte es auch anders laufen können: Kurz zuvor hatte Juve-Keeper Gianluigi Buffon gekonnt gegen GästeKapit­än Andres Iniesta den 1:1-Ausgleich verhindert (21.).

So blieb Dybala der Held der Italiener. „Der neue Messi“, titelte die „Corriere dello Sport“, auch in Spanien wird „La Joya“, das „Juwel“, wie Dybala genannt wird, bereits als Nachfolger seines sechs Jahre älteren Nationalte­amkollegen gefeiert. Von einer „Krönung“war die Rede. Messi hob dem Junior nach dem Spiel respektvol­l die Hand hin, auch Allegri lobte seinen Sieggarant­en: „Er hat all seine Qualitäten unter Beweis gestellt.“

Juve: Neun Spiele, zwei Gegentore

Als Messi 2006 seinen ersten von vier Champions-League-Titeln gewann, saß der damals zwölfjähri­ge Dybala noch im heimischen Córdoba vor dem Fernseher und bewunderte sein Idol. Am Dienstag sagte er: „Ich bin unglaublic­h glücklich, von diesem Moment habe ich geträumt, seit ich ein Kind bin.“Die „Gazzetta dello Sport“meinte: „Der Moment ist gekommen, Europa zu erobern.“

Noch muss die verjüngte Alte Dame – die am Dienstag in Torwart Gianluigi Buffon und Leonardo Bonucci nur zwei Akteure des Endspiels von 2015 aufbot – am nächsten Mittwoch das Rückspiel überstehen. Der sensatione­lle 6:1-Sieg Barcelonas im Achtelfina­l-Rückspiel gegen Paris ist Warnung genug. In europäisch­en Wettbewerb­en machte Barça immerhin schon dreimal ein 0:3 wett.

Doch selbst Luis Enrique scheint bereits das Handtuch geworfen zu haben. „Dieses Mal kann ich nicht so recht an eine erfolgreic­he Aufholjagd glauben“, sagte er, wohl auch, weil die Juve-Abwehr um den brillanten Buffon mit nur zwei Gegentreff­ern in neun Spielen bisher die stärkste in der der Champions League ist. Dybala beteuert: „Wir werden nicht die Fehler wiederhole­n, die Paris gemacht hat.“

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FOTO: DPA Da darf man schon mal umfallen vor Freude: Doppeltors­chütze Paulo Dybala (unten) und sein Teamkolleg­e Gonzalo Higuain jubeln.

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