Überforderter Weltpolizist
Nach Syrien nun also Afghanistan! Dem Angriff auf eine Basis der Regierung Assad als Vergeltung für einen Giftgasangriff ließ US-Präsident Donald Trump eine Attacke mit der stärksten nichtnuklearen Waffe der Amerikaner auf IS-Kämpfer im Osten des Landes folgen. Und das, obwohl er zuvor deutlich gemacht hatte, dass die USA unter ihm nicht mehr als Weltpolizist auftreten werden.
Der Angriff ist als Demonstration der Stärke gedacht, die nicht allein auf die Terrormiliz zielt, sondern als Signal auch in Moskau, Peking und Pjöngjang verstanden werden soll. Stärke zu zeigen ist das eine, doch macht dies nur dann Sinn, wenn eine diplomatisch unterlegte Strategie dahintersteht. Mit Blick auf Afghanistan ist die im Weißen Haus bislang nicht zu erkennen. Auch bei der Nordkoreapolitik der neuen US-Regierung muss sich erst noch zeigen, ob hinter den Drohungen ein durchdachter Plan steht – vor allem, wenn Trump immer offener einen Präventivschlag ankündigt.
Der neue Mann im Weißen Haus entscheidet situativ und spontan, er interveniert massiv. Das zeigt sich auch bei der Nato, dem wichtigsten Bündnis der westlichen Welt: Kein gutes Haar hatte Trump am nordatlantischen Bündnis gelassen und es im Wahlkampf kurzerhand für obsolet erklärt. Ohne uns, lautete die Botschaft des republikanischen Kandidaten an seine jubelnden Anhänger. Die Verbündeten reagierten alarmiert. Die traditionsreiche Verteidigungsallianz ohne die Supermacht und ihre militärische Stärke hätte keine Zukunft mehr. Nun hat sich Trump von diesen Ankündigungen wieder verabschiedet. Die Nato ist plötzlich kein Auslaufmodell mehr, sondern Bollwerk für Frieden und Sicherheit, der Grundpfeiler amerikanischer Bündnispolitik.
Die Kehrtwenden lassen nur einen Schluss zu: Die Komplexität internationaler Außen- und Sicherheitspolitik überrascht und überfordert Trump. Für die Verbündeten der Vereinigten Staaten, für Europa und Deutschland – aber auch die ganze Welt – bedeutet das eine massive Zunahme der Unsicherheit.